Mikrobiotik: Die Darm-Hirn-Achse
Fast ein Jahr ist vergangen, seit Rebecca Knickmeyer die Teilnehmer ihrer Studie zum ersten Mal traf. Die Hirnforscherin von der University of North Carolina in Chapel Hill beobachtet, wie sich 30 Neugeborene innerhalb eines Jahres in krabbelnde, neugierige Kleinkinder verwandeln. Diese Entwicklung begleitet sie mit einer Reihe von Tests, die das Verhalten und das Temperament der Kleinen auf die Probe stellen, sowie mit bildgebenden Verfahren, die einen Blick auf die Vorgänge im Gehirn erlauben.
Bei einem Experiment etwa verschwindet die Mutter zunächst aus dem Raum, um anschließend mit einem Fremden zurückzukommen. Bei einem anderen werden den Kindern nach und nach immer furchterregendere Halloweenmasken gezeigt. In einer weiteren Untersuchung sollen die Kleinen friedlich schlafen, damit ein lärmender Kernspintomograf ihr Gehirn scannen kann – das funktioniert nämlich nur, wenn die Probanden regungslos daliegen.
Neben den Vorgängen im kindlichen Gehirn interessiert sich die Forscherin aber noch für etwas ganz anderes: für die Zusammensetzung des Mikrobioms im Stuhl, also die gesamte Darmflora mit all den Bakterien, Viren und anderen Mikroorganismen, die im Darm leben. Ihr Projekt, liebevoll als "the poop study" (die "Kacka-Studie") bezeichnet, geht der Frage nach, ob das Ökosystem in unserem Darm auch die Hirnentwicklung und das Verhalten beeinflusst.
Genau darauf deutet nämlich eine wachsende Zahl an Studienergebnissen hin. Sie stammen hauptsächlich von Versuchstieren, die in steriler Umgebung aufgezogen wurden. Für den Menschen gibt es bisher nur wenige Daten. Zwar ist bekannt, dass Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts oft mit psychischen und neurologischen Störungen einhergehen, etwa mit Ängsten, Depressionen, Autismus und Schizophrenie. Allerdings sind das nur Zusammenhänge, die Wirkrichtung ist unklar. ...
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