Archäologie in Amazonien
Abgelenkt vom Ausbruch des Vulkans Tungurahua hätten wir die Bodenverfärbung beinahe übersehen. Wir waren 2013 in Ecuador unterwegs, um am Fuß der Anden systematisch nach genau solchen Hinweisen auf eine Besiedlung in präkolumbischer Zeit zu suchen, das heißt im Altamerika vor Ankunft der Europäer. Einen Monat später kehrten wir zurück, ausgerüstet für eine archäologische Grabung. Außer einer mit Steinen gepflasterten Feuerstelle legten wir vor allem kleine, dunkle Flecken frei, die eine ovale Fläche begrenzten. Einst steckten dort die Pfosten eines Holzhauses – die Verfärbung der Erde entstand bei deren Verwitterung. Zu unserer Freude war einer von ihnen bis in das Grundwasser getrieben worden, und das sauerstoffarme Milieu hatte seinen Verfall aufgehalten. Die Radiokohlenstoffdatierung ergab, dass wir auf die Spuren des mit 3000 Jahren bislang ältesten Gebäudes im Regenwald Amazoniens gestoßen waren.
Dieses enorm große Gebiet genoss bei Archäologen jahrzehntelang keinen sonderlich guten Ruf: 1854 befand der brasilianische Historiker Francisco Adolfo Varnhagen für die indigenen Völker seines Landes, sie seien bis zur Ankunft der Portugiesen ohne Geschichte gewesen, also ohne eine durch kulturelle Entwicklungen strukturierte Vergangenheit. Die unfruchtbaren Niederungen hätten einen Wandel und das Aufkommen von Zivilisation unterbunden, formulierte noch 1971 die vor einigen Jahren verstorbene US-amerikanische Archäologin Betty Meggers. Demnach mussten alle kulturellen Neuerungen ihren Ursprung im Andenraum gehabt haben. So galt es als ausgemacht, dass vor der Ankunft der Europäer allenfalls kleine Gruppen von Jägern und Sammlern diese Regenwälder durchstreiften. Ein Denkfehler, wie sich inzwischen abzeichnet, denn gerade diesen widrigen Umständen begegneten Bauern mit innovativen Ideen, die Amazonien nachhaltig prägten. ...
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben