Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Astronomie: ​Der Stammbaum der Sonne

Neue Forschungsergebnisse decken die überra­schende Vergangenheit unseres Zentralgestirns auf – und geben Hinweise auf seine Zukunft.
Sonneneruption

Vor 4,6 Milliarden Jahren war das Material, aus dem bald darauf unser Sonnensystem entstehen sollte, in einer kalten und dunklen Umgebung weit verteilt. Die Sonne gab es noch nicht, bloß eine hauchdünne Wolke aus den Überresten früherer Sterne, angereichert mit Elementen, die sich in unvorstellbar gewaltigen Katastrophen gebildet hatten. Bis zu einem folgenreichen Ereignis. Vielleicht rüttelte die Gravitation eines vorüberziehenden himmlischen Nomaden an der Wolke. Oder ein weiter entfernter Stern verging, und der Hauch seiner Explosion schob die Atome zusammen, so wie ein Windstoß Herbstlaub zu einem Haufen wirbelt. Was auch immer die Ursache war: Die Atome rückten näher aneinander, und die Gaswolke wurde unaufhaltsam dichter. Schließlich heizte sich die zusammenströmende Materie so sehr auf, dass Wasserstoff zu Helium fusionierte. Die Sonne war geboren, und wenig später entstand in ihrem Umfeld unter anderem die Erde.

Diese relativ einfache Geschichte unserer näheren kosmischen Umgebung entwickelte sich in letzter Zeit zu einer wesentlich reichhaltigeren und komplexeren Biografie. Leistungsstarke Weltraumteleskope, das aufblühende Forschungsgebiet der »Kosmochemie« sowie an die Genealogie angelehnte Methoden haben den Astronomen neue Einblicke in die Vergangenheit unseres Zentralgestirns gewährt. Heute wissen sie: Die Sonne war nicht immer eine Einzelgängerin. Sie hatte Geschwister – und hat möglicherweise sogar einen Planeten adoptiert. Ebenso gab es eine Art Mutter, einen Riesenstern, dessen kurzes Leben das Material für das Sonnensystem lieferte. Diese Bausteine könnten mindestens 30 Millionen Jahre lang vom Rest der Galaxie isoliert existiert haben ...

Kennen Sie schon …

Sterne und Weltraum – Exoplaneten – Überlebenskünstler um Weiße Zwerge

Mit dem James-Webb-Teleskop wurden wahrscheinlich zwei Weiße Zwerge entdeckt, die von ihren Planeten nach wie vor umkreist werden – wir stellen diese kuriosen Systeme vor und beenden mit dem Bericht über den Parque Astronómico in der chilenischen Atacama unsere dreiteilige Serie »Observatorien«. Neue Erkenntnisse zu Beteigeuze erklären, warum seine stabile Helligkeitsperiode momentan doppelt so schnell schwankt wie zuvor. Darüber hinaus nehmen wir Sie mit in das umgebaute Kepler-Museum in Regensburg und verraten Ihnen, wo Sie im Dezember die Bedeckung des Mars durch den Mond am besten beobachten können.

Sterne und Weltraum – 25 Jahre VLT – Jubiläum des Riesenteleskops

Das Very Large Telescope, das seit dem Jahr 2000 beeindruckende Aufnahmen mit seinen vier kombinierbaren 8-Meter-Spiegeln liefert, ist der Auftakt unserer dreiteiligen Serie über Observatorien in der chilenischen Atacama. Lesen Sie unseren Insiderbericht über die Arbeit und Technik des ESO-Riesenteleskops. Wir blicken mit der Raumsonde Juno in die Vulkanschlünde des Jupitermonds Io und und zeigen, wie Wissenschaftler das Phänomen von Glitches – der kurzzeitigen Rotationsbeschleunigung von Neutronensternen – simulieren. Weiter testen wir, wie sich eine innovative neue Astrokamera mit integriertem Nachführsensor im Praxiseinsatz bewährt.

Spektrum der Wissenschaft – Vorstoß zur Sonne

Viele Vorgänge im leuchtenden Plasma unserer Sonne sind noch immer rätselhaft. Neue Raumsonden sowie Beobachtungen vom Erdboden aus sollen dabei helfen, die Phänomene besser zu verstehen. Außerdem im Heft: Höhere Symmetrien tragen zur Lösung physikalischer Rätsel bei – vom Teilchenzerfall bis hin zum Verhalten komplexer Quantensysteme. Wir berichten von Untersuchungen an kopflosen Würmern und winzigen Zellklumpen, die kein Gehirn haben, aber grundlegende kognitive Fähigkeiten. Die Klimaforschung nimmt Aerosole in den Blick, um Klimasimulationen zuverlässiger zu machen. Wussten Sie, dass die statistische Methode des t-Tests in der Guinness-Brauerei erfunden wurde? Daneben berichten wir über codebasierte Kryptografie.

  • Quellen

Bedell, M. et al.: The Chemical Homogeneity of Sun-Like Stars in the Solar Neighborhood. In: arXiv, 1802.02576, 2018

De la Fuente Marcos, C. et al.: Where the Solar System Meets the Solar Neighbourhood: Patterns in the Distribution of Radiants of Observed Hyperbolic Minor Bodies. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society: Letters 476, S. L1–L5, 2018

Gounelle, M., Meynet, G.: Solar System Genealogy Revealed by Extinct Short-Lived Radionuclides in Meteorites. In: Astronomy & Astrophysics 545, A4, 2012

Jofré, P. et al.: Cosmic Phylogeny: Reconstructing the Chemical History of the Solar Neighbourhood with an Evolutionary Tree. In: Monthly Notices of the Royal Astronomical Society 467, S. 1140–1153, 2017

Ramírez, I. et al.: Elemental Abundances of Solar Sibling Candi­dates. In: Astrophysical Journal 787, 154, 2014

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.