Borderline: Diagnose per Kuscheltier
Wenn Papa oder Mama nicht in der Nähe sind, können Kuscheltiere Kindern zumindest kurz Trost und Zuversicht vermitteln. Doch dieser Effekt ist nicht nur auf die Kleinsten beschränkt. Wie eine Studie von Markus Kiefer vom Universitätsklinikum Ulm und seinem Team zeigt, entwickeln auch Patientinnen mit Borderline-Persönlichkeitsstörung eine "intensive emotionale Bindung zu Kuscheltieren".
Den Betroffenen fällt es meist schwer, ihre Gefühle zu regulieren – schon Nichtigkeiten rufen bei ihnen heftige Emotionen hervor, die sie als unkontrollierbar erleben. Solche Ausbrüche wechseln sich häufig mit Phasen emotionaler Taubheit ab, in denen die Patienten kaum noch etwas spüren. Nach außen hin kann sich die Erkrankung in Form von heftigen Stimmungsschwankungen, Selbstverletzungen, Unsicherheit, einem geringen Selbstwertgefühl und Schwierigkeiten im sozialen Umgang mit anderen bemerkbar machen. Oft haben die Betroffenen Angst, verlassen zu werden. Kiefer und seinen Kollegen zufolge deuteten schon frühere Untersuchungen darauf hin, dass Erwachsene, die sich nicht von ihren Stofftieren lösen können, tendenziell eher Defizite in der Verarbeitung von Gefühlen sowie einen unsicheren Bindungsstil haben.
Im Rahmen ihrer Arbeit untersuchten die Wissenschaftler deshalb 16 Patientinnen mit Borderline und maßen deren Hirnströme, während diese ihre eigenen oder fremde Kuscheltiere betrachteten. Das Ergebnis verglichen die Forscher dann mit dem von 16 gesunden Personen. Dabei entdeckten sie, dass bei den Patientinnen solche Hirnareale verstärkt aktiviert wurden, die mit der eigenen emotionalen Bedeutsamkeit in Verbindung gebracht werden, erläutert Kiefer. Der beobachtete Effekt war dabei umso stärker, je depressiver die Person und je größer die Angst war, eine geliebte Bezugs- person zu verlieren. "Eine enge emotionale Bindung zu Stofftieren kann also ein diagnostischer Hinweis auf eine Borderline-Persönlichkeitsstörung sein", meinen die Forscher. Darüber ließen sich dann vielleicht auch Behandlungsmethoden anpassen und deren Erfolg messen: Sinkt beispielsweise die Bindung zum Teddy, verarbeiten die Betroffenen Gefühle womöglich besser und binden sich nachhaltiger an Menschen. Das müssen allerdings erst weitere Arbeiten bestätigen.
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