Neurowissenschaft: Zwischen Ordnung und Chaos
Wie genau das riesige Neuronennetzwerk unseres Gehirns Informationen über die Welt verarbeitet, ist für Neurowissenschaftler nach wie vor ein Rätsel. Ein zentrales Teil des Puzzles ist dabei die Frage, wie eine einzelne physische Struktur beschaffen sein muss, um mit den unzähligen Anforderungen des Lebens zurechtzukommen. »Wäre das Gehirn völlig ungeordnet, könnte es gar keine Informationen verarbeiten«, sagt Mauro Copelli, Physiker an der Bundesuniversität von Pernambuco in Brasilien. »Wäre es jedoch zu geordnet, würde ihm die Flexibilität fehlen, um mit der Vielfalt der Welt fertigzuwerden.«
Der Physiker Per Bak stellte in den 1990er Jahren die Hypothese auf, das Gehirn ziehe seine erstaunlichen Fähigkeiten aus einem Zustand namens »Kritikalität«. Das Konzept stammt aus der statistischen Mechanik und beschreibt Systeme, die zwischen Ordnung und Chaos schweben. Stellen Sie sich zum Beispiel einen schneebedeckten Hang im Winter vor. Am Anfang besteht lediglich Gefahr durch kleinere Schneerutsche, später im Jahr können Schneestürme dann regelrechte Lawinen auslösen. Irgendwo zwischen Ordnung (feste Schneedecke) und Chaos (Schneerutsch/Lawine) liegt ein Zustand, in dem alles möglich ist: Die kleinste Störung kann einen Schneerutsch oder eine Lawine auslösen oder irgendetwas dazwischen.
Doch nicht all diese Ereignisse sind gleich wahrscheinlich. Kleinere Kaskaden treten exponentiell häufiger auf als ...
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