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Stress und Gedächtnis: Die "eingebildete Demenz"

In Deutschland leiden rund 1,6 Millionen Menschen an einer Demenz wie der Alzheimerkrankheit. Mögliche Vorboten der Erkrankung sind kognitive Beeinträchtigungen – das ist mittlerweile auch der Allgemeinheit bekannt. Forscher der Universität Göteborg weisen in einer aktuellen Studie jedoch darauf hin, dass subjektive Gedächtnisprobleme keineswegs immer auf einen beginnenden geistigen Verfall hindeuten.

Die Psychiater und Neurologen um Marie Eckerström beobachteten die Entwicklung von 235 Patienten, die wegen Gedächtnisschwierigkeiten in die Univer­­sitäts­klinik gekommen waren. Bei der ersten Untersuchung waren die Probanden im Schnitt 63 Jahre alt, und ihre Symptome dauerten bereits länger als sechs Monate an. Zum überwiegenden Teil hatte der Hausarzt sie überwiesen. Neben einer umfassenden Beurteilung der kognitiven Fähigkeiten maßen die Forscher auch bestimmte Blutwerte, die auf eine beginnende Alzheimerdemenz hindeuten können, vor allem die Konzentration von Beta-Amyloid 42 und Tau-Proteinen. Nach ein bis zwölf Jahren wurde der Gesundheitszustand der Teilnehmer erneut dokumentiert.

Bei zwei Dritteln der Patienten ließ sich durch neurologische Tests in der Erstuntersuchung objektiv keine kognitive Beeinträchtigung feststellen. Von diesen Probanden waren zum Zeitpunkt der zweiten Untersuchung rund zehn Prozent an einer Demenz erkrankt. Unter den Teilnehmern, bei denen zusätzlich die Konzentration beider Biomarker für Alzheimer im Blut erhöht gewesen war, waren es 24 Prozent. Die stärkste Vorhersagekraft hatte es, wenn zu Beginn der Studie tatsächlich eine "leichte kognitive Beeinträchtigung" diagnostiziert wurde. In dieser Gruppe, die rund ein Drittel der Probanden umfasste, entwickelte die Hälfte im Beobachtungszeitraum eine Demenz.

Allein das Gefühl, das eigene Gedächtnis lasse einen im Stich, sei daher nicht besonders aussagekräftig, schlussfolgern Eckerström und Kollegen. Stattdessen verursache bei der Mehrzahl der Menschen, die sich um ihre geistigen Fähigkeiten sorgten, eher Stress die Symptome – insbesondere, wenn sie jünger als 60 Jahre sind. So belegte etwa eine Studie der Forschergruppe aus dem Jahr 2016, dass psychosozialer Stress das Gedächtnis ebenfalls stark beeinträchtigt. Im Gegensatz zur Alzheimerkrankheit lässt sich dieser Effekt jedoch mit therapeutischer Hilfe umkehren.

Die Rate von zehn Prozent, mit der die sonst unauffälligen Teilnehmer in dieser Studie eine Demenz entwickelten, sei zwar höher als in dieser Altersgruppe allgemein üblich, sagt Eckerström. Dabei müsse man aber bedenken, dass die Versuchspersonen ihre Erinnerungslücken als so gravierend eingeschätzt hatten, dass sie deswegen einen Arzt aufsuchten. Dieser Prozentsatz gelte daher keineswegs für alle alternden Menschen, die sich Sorgen um ihr Gedächtnis machten. Solange Mediziner nicht tatsächlich ein kognitives Defizit konstatieren, bestehe kein Grund zur Beunruhigung.

  • Quelle
Alzheimers Dement. (Amst.) 8, S. 96-107, 2017

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