Astronomie: Die Suche nach erdähnlichen Planeten
Außerhalb unseres Sonnensystems haben Astronomen bereits Dutzende von Riesenplaneten ausfindig gemacht. Inzwischen sind ihre Messmethoden ausgefeilt genug, um auch extrasolare Himmelskörper von der Größe unserer Erde zu entdecken.
Einen Planeten, der nicht um unsere Sonne, sondern um einen fernen Stern kreist, hat noch kein Mensch direkt gesehen. Aber im November 1999 erhaschten zwei Astronomen immerhin den Schatten eines solchen Trabanten. David Charbonneau, Doktorand an der Harvard-Universität in Cambridge (Massachusetts), analysierte die Helligkeit des sonnenähnlichen Sterns HD 209458 anhand von Daten, die er gemeinsam mit einem von uns (Brown) erhoben hatte. Fast zur gleichen Zeit beobachtete Greg Henry, Astronom an der Tennessee State University in Nashville, denselben Stern.
HD209458 ist ein unauffälliger Stern im Sternbild Pegasus; nicht einmal mit bloßem Auge ist er zu sehen. Der Himmelskörper zeichnet sich jedoch durch eine Besonderheit aus: Um ihn kreist ein Planet, der mindestens zwei Drittel der Masse Jupiters aufweist. Zumindest war das damals der Kenntnisstand der Astronomen. Denn der Planet war bisher nur indirekt anhand der winzigen Geschwindigkeitsschwankungen nachgewiesen worden, die er seinem Zentralgestirn aufzwingt. Charbonneau und Henry wollten sich nun auf eine andere Art Gewissheit verschaffen: Könnte es nicht sein, fragten sich die Beobachter, dass der Planet von der Erde aus gesehen gelegentlich vor dem Stern vorbeizieht und ihn dabei teilweise abschattet? Die Helligkeit des Sterns müsste dann auf markante Weise abnehmen.
Damit ein solches Ereignis – von den Astronomen Durchgang oder Transit genannt – beobachtet werden kann, darf die Umlaufbahn des Planeten nur wenig zu unserer Sichtlinie geneigt sein. Dies ist durchaus nicht so unwahrscheinlich, wie man zunächst vermuten könnte. Die Chance für die "richtige" Ausrichtung beträgt bei Planeten, die sich wie der Begleiter von HD 209458 auf einer engen Umlaufbahn um ihren Zentralstern bewegen, etwa zehn Prozent. Als Charbonneau und Henry ihre Beobachtung durchführten, waren die meisten anderen extrasolaren Planeten bereits auf Durchgänge überprüft worden – jedoch ohne Erfolg. Einige Astronomen fragten sich deshalb, ob dieser negative Befund nicht die Existenz extrasolarer Planeten generell in Frage stelle: Vielleicht hatte man ja die vermeintlichen Geschwindigkeitsschwankungen falsch interpretiert, und sie waren in Wirklichkeit nur Schwingungen eines Sterns, der seinen Radius rhythmisch ändert?
Charbonneaus und Henrys Untersuchungen beseitigten diese Zweifel. Genau zu dem Zeitpunkt, zu dem nach den Geschwindigkeitsmessungen ein Durchgang hätte erfolgen können, nahm die Helligkeit des Sterns für drei Stunden um 1,8 Prozent ab. Dieses leichte Verblassen bewies nicht nur die tatsächliche Existenz des Planeten, sondern erlaubte auch, dessen Durchmesser zu berechnen: Man fand das 1,3fache des Jupiter-Durchmessers. Damit war erstmals die Größe eines extrasolaren Planeten bestimmt worden.
Mit der Transitmethode verfügen die Astronomen nun über ein zweites Verfahren zum Aufspüren ferner Planeten. Die ersten Erfolge brachten Messungen der Geschwindigkeitsschwankungen der Sterne. Hat ein Stern einen planetaren Begleiter, dann liegt der Schwerpunkt des Systems nicht im Zentrum des Sterns, sondern etwas abseits davon. Mit anderen Worten: Er eiert. Von der Erde aus lassen sich diese rhythmischen Verschiebungen, die der Bewegung des Sterns im Raum überlagert sind, anhand der Änderungen der Radialgeschwindigkeit feststellen. Bewegt sich der Stern auf die Erde zu, dann erscheinen seine Spektrallinien zu kürzeren Wellenlängen verschoben; entfernt er sich von ihr, verschieben sie sich zu größeren Wellenlängen. Erstmals wurde auf diese Weise 1995 ein Planet um den sonnenähnlichen Stern 51 Pegasi entdeckt. Seitdem haben die Astronomen mehr als fünfzig weitere Planeten gefunden. Die-se Radialgeschwindigkeitsmethode kann grundsätzlich bei jedem Stern angewandt werden, doch vermag sie nur solche Planeten aufzuspüren, die eine große Masse haben. Trabanten von Erdgröße lassen sich damit nicht nachweisen. Aber auch die Transitmethode hat einen Nachteil: Sie lässt sich nur anwenden, wenn Stern, Planet und Erde zufällig in einer Linie stehen. Wenn aber ein Durchgang beobachtet wird, können die Astronomen auch die Größe und andere Eigenschaften des Planeten bestimmen, selbst wenn er recht klein ist.
Somit ist die Transitmethode derzeit das einzige Verfahren, mit dem man extrasolare Planeten auch von der Größe unserer Erde ausfindig machen kann. Zwei von uns (Doyle und Deeg) haben mit dieser Methode das Sternsystem CM Draconis nach erdähnlichen Welten abgesucht. Dort könnten wir Himmelskörper mit dem nur 2,5fachen Durchmesser der Erde registrieren. Die Suche nach anderen Welten – die möglicherweise auch Leben in der uns bekannten Form beherbergen – hat somit begonnen.
Der Durchgang eines Himmelskörpers vor einem Stern ist kein neues Phänomen. Schließlich ist eine Sonnenfinsternis im Prinzip nichts anderes als der Vorübergang des Mondes vor der Sonne. Anfang des 17. Jahrhunderts sagte Johannes Kepler Durchgänge des innersten Planeten Merkur vor der Sonnenscheibe voraus. Der Seefahrer James Cook hatte auf seiner ersten Südseereise den Auftrag, den für 1769 erwarteten Durchgang der Venus zu beobachten. Die damaligen Astronomen nutzten dieses Ereignis, um trigonometrisch die Entfernung der Erde zur Sonne zu berechnen. Dass Durchgänge auch vor anderen Sternen zu beobachten sein müssten, erwähnte zuerst Otto Struve vom Yerkes-Observatorium 1951. Frank Rosenblatt von der Cornell-Universität in Ithaca (New York) und William Borucki vom Ames-Forschungszentrum der Nasa in Huntsville (Alabama) haben diese Idee später weiterverfolgt.
Bei einem Durchgang von Merkur oder Venus wandern diese Planeten als kleine schwarze Flecken über die Scheibe der Sonne. Durchgänge extrasolarer Planeten können dagegen nur indirekt anhand der Lichtkurve des zugehörigen Sterns festgestellt werden. In einem solchen Diagramm ist die gemessene Helligkeit als Funktion der Zeit aufgetragen. Das Messen der stellaren Lichtstärke ist Gegenstand einer astronomischen Spezialdisziplin, der Fotometrie. Das unbewaffnete menschliche Auge kann erkennen, wenn ein Stern seine Helligkeit um den Faktor 2,5 ändert. Geübte Amateurastronomen, die regelmäßig die Helligkeit veränderlicher Sterne mit derjenigen benachbarter Sterne vergleichen, können wesentlich feinere Schwankungen feststellen. Mit elektronischen Kameras an kleinen Fernrohren vermag man eine Genauigkeit von 0,1 Prozent zu erzielen. Großteleskope, die mehr Licht einfangen und atmosphärische Störungen besser herausfiltern können, erreichen noch bessere Resultate.
Fotometrische Messungen sind vor allem bei der Suche nach kleinen Planeten anderen Verfahren überlegen. Das Messsignal – die zeitweilige Abnahme der Sternhelligkeit – ist proportional zur verdunkelten Fläche des Sterns und hängt somit vom Verhältnis der Quadrate des Planetenradius und des Sternradius ab. Im Gegensatz dazu variiert die Radialgeschwindigkeit eines Sternes proportional zum Verhältnis der Masse des Planeten zur Masse des Sterns – also proportional zum Verhältnis der dritten Potenzen ihrer Radien. Da Planeten bedeutend kleiner sind als Sterne (der Radius von Jupiter ist etwa zehnmal kleiner, der Erdradius gar hundertmal kleiner als derjenige der Sonne), wirkt sich diese unterschiedliche Abhängigkeit zu Gunsten der Transitmessungen aus.
Ein Beispiel mag das verdeutlichen: Um den Durchgang des Planeten vor HD 209458 mit einem Fotometer zu registrieren, reichen im Prinzip etwa 40000 Photonen aus. Um denselben Himmelskörper über die Schwankungen der Radialgeschwindigkeit anhand des Spektrums nachzuweisen, wären rund 10 Millionen Photonen erforderlich. Deswegen können mit der fotometrischen Methode kleinere Teleskope verwendet werden, um einen Planeten einer bestimmten Größe zu finden. Ein Himmelskörper von Jupiters Größe schwächt die Helligkeit seines Zentralsterns um etwa ein Prozent, was gut mit einem Ein-Meter-Teleskop zu registrieren ist. Ein Planet von Erdgröße vermindert die Helligkeit jedoch nur um 0,01 Prozent, was die Fähigkeiten selbst der größten gegenwärtig verfügbaren Teleskope überfordert. Lediglich mit Hilfe einiger technischer Kunstgriffe ist die benötigte Präzision zu erreichen.
Der Abstand eines Planeten von seinem Stern spielt ebenfalls eine Rolle. Die Empfindlichkeit der Radialgeschwindigkeitsmessung nimmt in dem Maße ab, mit dem die Anziehungskraft zwischen beiden Himmelskörpern kleiner wird, also mit der Quadratwurzel ihrer Entfernung. Dies ist der Grund dafür, warum die meisten auf diese Weise gefundenen Planeten jupiterähnliche große Trabanten auf engen Umlaufbahnen sind. Durchgänge hingegen können registriert werden, egal wie weit der Planet von dem Stern entfernt ist. Es kommt nur darauf an, dass die geometrischen Voraussetzungen erfüllt sind: Stern, Planet und der irdische Beobachter müssen in einer Linie stehen.
Allerdings ist die Chance, einen Durchgang zu beobachten, umso geringer, je größer die Umlaufbahn des Planeten ist. Beispielsweise beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass für einen willkürlich positionierten außerirdischen Beobachter ein Transit der Erde vor der Sonne sichtbar wäre, nur etwa 0,5 Prozent. Aus diesem Grunde wurde die Transitmethode lange vernachlässigt. Aber zwei Entwicklungen ließen die Astronomen umdenken. Erstens zeigte sich, dass die entdeckten Riesenplaneten ihre Zentralsterne auf relativ engen Bahnen umlaufen und nicht auf weiten, wie wir es von unserem Sonnensystem kennen. Die engen Bahnen erhöhen die Wahrscheinlichkeit von Transitkonstellationen um das Zehnfache. Zweitens wurden großflächige Messsysteme eingeführt, die mehrere hunderttausend Sterne gleichzeitig beobachten können. Der Hintergedanke dabei: Wenn man lange genug sehr viele Sterne simultan betrachtet, müssen einige von ihnen Durchgänge aufweisen. Auf diese Weise werden Astronomen nicht nur Listen von Planeten zusammenstellen, sondern auch gleich Statistiken über die Eigenarten ihres Vorkommens anlegen können.
Viele solcher Suchaktionen sind derzeit mit bodengebundenen Teleskopen im Gang, wobei meist nach Riesenplaneten wie jenem Trabanten von HD 209458 gesucht wird. Beim STARE-Projekt (unter der Leitung von Brown) und dem Vulcan-Projekt (geleitet von Borucki, David Koch vom Ames-Forschungszentrum der Nasa sowie von Jon Jenkins vom benachbarten Seti-Institut in Mountain View, Kalifornien) wird in die Milchstraße hinein beobachtet, wo es Sterne in Hülle und Fülle gibt. Andreas Quirrenbach von der Universität von Kalifornien in San Diego und Keith Horne von der St.-Andrews-Universität in Schottland leiten eine Planetenjagd in offenen Sternhaufen, Gruppen aus Hunderten oder Tausenden von Sternen, die sich etwa zur selben Zeit gebildet haben. Da die Astronomen abschätzen können, wie alt ein Sternhaufen ist, kennen sie damit auch gleich das Alter der darin möglicherweise georteten Planeten.
Eine andere Suche wurde unlängst mit dem Hubble-Weltraumteleskop unternommen. Acht Tage lang beobachtete ein Team unter Führung von Ron Gilliland, Astronom am Space Telescope Science Institute in Baltimore (Massachusetts), und Brown den Kugelsternhaufen 47 Tucanae. Die Forscher verfolgten 34000 Sterne. Rein statistisch betrachtet hätten sie 17 Durchgänge sehen müssen. Tatsächlich gab es keinen einzigen. Noch immer grübeln die Astronomen über dieses Null-Resultat: Vielleicht weist der Sternhaufen zu wenig jener schweren Elemente auf, die sich zu Planeten formen können. Oder die hohe räumliche Dichte der Sterne hat die Planeten in den rund 10 Milliarden Jahren seit Entstehung des Sternhaufens aus ihren Bahnen geworfen. Alle diese Bemühungen verschaffen Erkenntnisse darüber, wie Planeten entstehen und wie verbreitet sie sind. Aber die Grenzen in der Empfindlichkeit der Teleskope und die relativ kurzen Messkampagnen führen zu einem selektiven Effekt, der die Entdeckung großer Gasplaneten bevorzugt. Leben, wie wir es kennen, können diese Himmelskörper nicht beherbergen.
Um potenziell bewohnbare Welten zu finden, haben zwei von uns (Doyle und Deeg) einen weiteren Ansatz gewählt. Wir konzentrieren uns auf relativ kleine Sterne, von denen bekannt ist, dass sie die geometrischen Bedingun-gen zur Beobachtung von Durchgängen erfüllen. Wir beobachten sie dann in einem Zeitraum, der lang genug ist, um mehrere Transite zu erfassen. Selbst wenn das Signal jedes Durchgangs sehr klein ist und sich kaum von den Hintergrundschwankungen abhebt, lassen sich Mehrfachquerungen wegen ihrer Periodizität zu einem aussagekräftigen Signal vereinen.
Was die Größe der Himmelskörper betrifft, muss man sich vergegenwärtigen, wie ein Ort beschaffen sein muss, damit er Leben beherbergen kann. Eine erdähnliche Biochemie erfordert flüssiges Wasser. Dies kann ein Planet nur bieten, wenn seine Umlaufbahn einen bestimmten Abstand von seinem Zentralstern aufweist. Ist der Planet zu nahe, leidet er unter einem sich selbst verstärkenden Treibhauseffekt. Die Atmosphäre eines solchen Planeten sättigt sich dann mit Wasserdampf. Das Sonnenlicht spaltet das Wasser in Sauerstoff und Wasserstoff, wobei sich letzterer ins Weltall verflüchtigt. Die Folge ist ein knochentrockener, überhitzter Planet ähnlich der Venus. Umgekehrt kühlt ein Planet, der zu weit von seinem Stern entfernt ist, immer weiter aus. Kohlendioxid und andere Treibhausgase kondensieren und legen sich als Schnee über die Oberfläche. Da Schnee mehr Strahlung reflektiert als Gestein, verstärkt sich die Abkühlung noch. Auf dem Planet herrscht ewiger Frost – ähnlich wie auf dem Mars.
Sterne, die kleiner sind als die Sonne, haben eine geringere Oberflächentemperatur, sodass die lebensfreundliche Zone näher am Stern gelegen ist. Enge Umlaufbahnen erhöhen aber die Wahrscheinlichkeit, den Durchgang eines Planeten zu beobachten. Zudem liefert ein Planet einer gegebenen Größe ein umso deutlicheres Transitsignal, je kleiner der Stern ist. Die Chance, potenziell belebte Planeten zu finden, ist also in der Umgebung kleinerer Sterne am höchsten.
Das zweite Merkmal der Sterne in unserer Auswahl ist, dass sie alle die nötige Stellung aufweisen, um Transitbeobachtungen zu ermöglichen. Wir haben sie aus astronomischen Katalogen von so genannten Bedeckungsveränderlichen herausgepickt – das sind Doppelsterne, deren Umlaufebenen parallel zu unserer Sichtlinie liegen. Astronomen können diese Konstellation aus dem deutlichen und periodischen Wechsel der Helligkeit dieser Systeme ableiten: Die Lichtkurve zeigt immer dann "Dellen", wenn sich die beiden Sterne bedecken. Im Laufe der Jahre haben Hobby- und Profi-Astronomen Tausende solcher Bedeckungsveränderlicher entdeckt. Abgesehen von ihrer speziellen Ausrichtung relativ zu unserer Sichtlinie sind diese Systeme völlig gewöhnliche Doppelsterne. Sie können stabile Planeten-Umlaufbahnen aufweisen, sofern der Abstand zwischen Planet und Doppelstern wenigstens viermal größer ist als die Distanz der beiden Sterne untereinander. Der Planet zieht um beide Sterne auf ganz gewöhnliche Weise seine Kreise – nur stehen bei ihm zwei Sonnen am Firmament.
Wie Jean Schneider und Michel Chevreton von der Meudon-Sternwarte in Paris erstmals darlegten, sind Bedeckungsveränderliche für den Planetenjäger ein Geschenk der Natur. Falls nämlich die Bahnebene der Planeten im Wesentlichen mit der Bahnebene der Doppelsterne zusammenfällt – wozu es gute Gründe gibt –, sollte die Wahrscheinlichkeit, Durchgänge zu beobachten, 100 Prozent betragen. Zieht ein solcher Planet vor seinen Muttersternen vorbei, sollte er eine verräterische Doppeldelle in der Lichtkurve produzieren, da er erst das Licht des einen und dann das des anderen Sterns reduziert. Die Art der Doppeldelle wird dabei von der momentanen Stellung der Sterne und des Planeten abhängen.
Für unsere Suche nach erdähnlichen Welten hatten wir zunächst CM Draconis ausgewählt. Es ist einer der kleinsten bekannten Bedeckungsveränderlichen. Dieses System ist 54 Lichtjahre von uns entfernt und besteht aus zwei sehr kleinen, kühlen Sternen, die etwa neun Milliarden Jahre alt sind. Planeten innerhalb seiner lebensfreundlichen Zone müssten eine Umlaufzeit von etwa 18 bis 35 Tagen aufweisen. 1994 gründeten wir ein weltweites Netzwerk von Teleskopen der Ein-Meter-Klasse, genannt TEP (Transit of Extrasolar Planets), damit wir diesen Doppelstern für mindestens 1000 Stunden beobachten konnten. An dem Messprogramm beteiligten sich Jean Schneider in Paris, Walerij Koshewnikow von der Ural-Universität in Jekaterinburg (Russland), Brian Oetiker von der Universität von Neu-Mexiko in Albuquerque, Eduardo Martín vom Astrophysikalischen Institut der Kanarischen Inseln, J. Ellen Blue von SRI International in Menlo Park (Kalifornien), Remington P. S. Stone vom Lick-Obervatorium nahe San Jose (Kalifornien) und Efthimious Paleologou von der Universität Kreta.
Die Aufgabe bestand nun darin, das gesuchte Transitsignal aus dem störenden "Rauschen" herauszufiltern, das von dynamischen Vorgängen in der Erdatmosphäre, Instabilitäten der Messgeräte, Veränderungen der Sternaktivität und anderen Faktoren hervorgerufen wird. Unser Suchalgorithmus, den wir gemeinsam mit Jenkins entwickelt haben, vermag sogar Signale zu erkennen, die kleiner sind als die Fluktuationen im Hintergrundrauschen. Wir erstellten 400 Millionen Testprofile, die bei einem Durchgang eines Planeten erzeugt werden könnten, und verglichen sie mit unserem fotometrischen Datenmaterial. Wir erhielten neun Kandidaten, die alle zu Planeten von etwa zweieinhalbfachem Erddurchmesser passen würden. Die spannende Frage war nun, ob diese Signale regelmäßig wiederkehren. Bis zur Drucklegung dieses Artikels blieben noch zwei Kandidaten übrig: einer mit einer 21-tägigen und einer mit einer 26-tägigen Umlaufbahn. Mittlerweile haben wir unsere Suche auf einige hundert weitere Bedeckungsveränderliche ausgeweitet.
Möglicherweise ließe sich durch genaues Registrieren der Durchgangszeiten auch enthüllen, ob die Planeten ihrerseits über Trabanten verfügen. Wenn beispielsweise außerirdische Astronomen unsere Sonne beobachten würden, könnten sie alle 365,24 Tage eine geringe Abnahme ihrer Helligkeit bemerken und so auf die Anwesenheit der Erde schließen. Im Laufe der Jahre würden sich die Durchgänge allerdings um bis zu zwei Minuten früher oder später ereignen, was auf das Vorhandensein unseres Mondes hinweisen würde. Andere auf den Orbit einwirkende Faktoren können nur Störungen von wenigen Sekunden hervorrufen. Wäre die Fotometrie der Außerirdischen besonders präzise, könnten sie auch eine winzige zusätzliche Abschattung feststellen, die der Durchgang des Mondes vor der Sonne selber verursacht.
Durchgänge sind indes nicht der einzige Weg, auf dem ein Planet einem Fotometer seine Anwesenheit verraten kann. Ein Bedeckungsveränderlicher stellt eine Art präzise Uhr dar: Die beiden Sternkomponenten sollten sich in regelmäßigen Intervallen bedecken. Wenn Abweichungen von diesem Rhythmus auftreten, kann dies bedeuten, dass ein weiterer Himmelskörper durch seine Schwerkraft auf das System einwirkt.
"So viele Sonnen, so viele Erden"
Angenommen, ein Planet von der Masse Jupiters zöge den Doppelstern von uns weg, dann würde die Bedeckung einige Sekunden später auftreten, weil das Licht der beiden Sterne einen längeren Weg zur Erde zurücklegen müsste. Je größer die Masse und je weiter entfernt der Planet, umso größer wäre die Abweichung. Ein Riesenplanet könnte also auch entdeckt werden, ohne dass es überhaupt zu einem Durchgang vor dem Doppelgestirn kommt. Anhand der Daten des TEP-Projekts haben wir bereits Grenzen für das Vorkommen von großen Planeten in CM Draconis ermittelt: Körper von mehr als drei Jupiter-Massen können in diesem System ausgeschlossen werden. Es gibt jedoch Hinweise auf einen Planeten mit 1,5 bis 3 Jupitermassen und einer Umlaufperiode von 750 bis 1050 Tagen.
Hohe fotometrische Präzision und jahrelange Beobachtungen eröffnen noch eine weitere Möglichkeit: das von einem Planeten reflektierte Licht zu entdecken. Planeten, die ihren Sternen hinreichend nahe sind, reflektieren nämlich einen Teil des Sternenlichtes in Richtung Erde. Ähnlich wie der Mond einmal pro Monat einen kompletten Phasenzyklus durchläuft, rufen sie eine zyklische Helligkeitsveränderung hervor, die sich von ande-ren Schwankungen der Sternenhelligkeit unterscheiden lassen müsste. Dieses Verfahren dürfte Planeten enttarnen, die eine Umlaufzeit von einer Woche oder weniger haben. Es könnte sogar weitere Eigenschaften des Planeten aufdecken, denn raue Oberflächen sollten größere Helligkeitsveränderungen hervorrufen als glatte. Auch im Spektrum des Sterns könnte von dem Planeten reflektiertes Licht zu erkennen sein. So berichteten Andrew Collier Cameron von der St.-Andrews-Universität und seine Kollegen 1999, dass sie die Reflexion eines gigantischen Planeten um den Stern Tau Bootis erfasst hätten, doch ist diese Entdeckung noch umstritten.
Da die größten Fehlerquellen beim Messen der Sternhelligkeit auf die Erdatmosphäre zurückgehen, würden Beobachtungen von einem Weltraumobservatorium aus die Genauigkeit deutlich erhöhen. Mehrere solcher Missionen werden gegenwärtig vorbereitet. Das von Frankreich geplante Teleskop COROT soll 2004 gestartet werden und empfindlich genug sein, um Planeten von doppelter Erdgröße zu entdecken. Das "Eddington"-Projekt der Europäischen Raumfahrtorganisation Esa, an dem einer von uns (Deeg) mitarbeitet, wird tatsächlich auch erdgroße Planeten ausfindig machen können. Das ambitionierteste Projekt ist jedoch der vorgeschlagene Nasa-Satellit "Kepler": Er soll 170000 Sterne im Sternbild Schwanbeobachten. Man erwartet, die Durchgänge von über 600 erdgroßen Planeten zu registrieren sowie die Reflexionen von rund 1700 Riesenplaneten. Künftige Interferometer im Weltraum könnten schließlich das gleißende Licht der Sterne ausblenden und richtige Bilder der Planeten liefern (siehe "Die Suche nach Leben auf fernen Planeten", Spektrum der Wissenschaft 6/1996, S. 90). Während der Durchgänge werden die Planeten von ihren Sonnen rückseitig bestrahlt, was es ermöglichen sollte, spektroskopisch die chemische Zusammensetzung ihrer Atmosphäre zu untersuchen. So würden sich möglicherweise Hinweise auf biologische Vorgänge finden lassen.
Alle unsere Kollegen, die sich an der Suche nach erdähnlichen Planeten beteiligen, fühlen das Privileg, in einer Zeit der Neuentdeckungen zu leben. Wie der Renaissance-Astronom Christiaan Huygens schrieb: "Welch wundervolles und verblüffendes System weist die herrliche Weite des Weltalls auf! So viele Sonnen, so viele Erden!"Hatte Huygens recht? Gibt es da draußen Planeten wie den unsrigen? Sind sie bewohnt? Gegen Ende dieses Jahrzehnts sollten wir es wissen.
Literaturhinweise
A Search for Jovian-Mass Planets around CM Draconis using Eclipse Minima Timing. Von Hans-Jörg Deeg et al. in: Astronomy and Astrophysics, Bd. 358, S. L5, 20. Juni 2000.
Observational Limits on Terrestrial-Sized Inner Planets around the CM Draconis System Using the Photometric Transit Method with a Matched-Filter Algorithm. Von Laurance R. Doyle et al. in: Astrophysical Journal, Bd. 535, S. 338, 20. Mai 2000.
Steckbrief
Bisherige Erfolge:
Mit spektroskopischen Verfahren können Astronomen feststellen, ob sonnennahe Sterne von Riesenplaneten umkreist werden. Zahlreiche Trabanten von etwa Jupitergröße wurden in den letzten fünf Jahren gefunden.
Probleme:
Die Methode versagt jedoch bei Planeten kleinerer Masse. Trabanten von der Größe unserer Erde – auf denen sich möglicherweise Leben entwickelt haben könnte – lassen sich somit nicht aufspüren.
Trickreiche Lösung:
Ein anderes Verfahren – das Beobachten von Durchgängen der Planeten vor der Scheibe ihres Zentralsterns – erlaubt es, auch erdähnliche Himmelskörper nachzuweisen.
Aus: Spektrum der Wissenschaft 1 / 2001, Seite 42
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben