Chronomedizin: Die Uhren in uns
Ein Kloster, irgendwann im Mittelalter: In den frühen Morgenstunden fängt ein Mönch an zu keuchen und ängstlich zu weinen. Seine Brüder rufen einen Heiler herbei, der bestmögliche Linderung verschafft und ansonsten zum Durchhalten mahnt. Denn er weiß: Asthma ist eine Bestie der Nacht, deren Schrecken tagsüber oft schwindet. So hat es sich im Lauf der Zeiten in tausenden Schlafzimmern und Dormitorien abgespielt – man wartete darauf, dass die Symptome wieder nachlassen.
Wie wir aus alten medizinischen Kompendien wissen, erkannten Ärzte schon vor langer Zeit, dass bestimmte medizinische Beschwerden tageszeitlichen Schwankungen unterliegen. Bereits im 5. Jahrhundert schrieb der römische Arzt Caelius Aurelianus, dass Asthmaanfälle nach Einbruch der Dunkelheit häufiger auftreten. Im Jahr 1568 schränkte der deutsche Arzt Christopher Wirsung dieses Zeitfenster sogar auf die Spanne zwischen zwei Uhr morgens und dem Sonnenaufgang ein. Auch hinsichtlich Blutdruck, Herzfrequenz, Schmerzen im Brustbereich und Herzinfarkten stellten die Mediziner rhythmische Muster fest.
In der Regel sind solche Beobachtungen zusammen mit heilkundlichen beziehungsweise volksmedizinischen Ratschlägen überliefert worden. So wies Aurelianus seine Leser an, bei Ohrenschmerzen eine Paste aus Safran, Essig, Myrrhe, Quitte und verschiedenen anderen Substanzen aufzutragen, was manchmal vielleicht sogar half, meist aber eher wirkungslos geblieben sein dürfte. Und Wirsung war beharrlich davon überzeugt, faulige Gerüche seien schlecht für das Herz.
Heute, Jahrhunderte später, ziehen Wissenschaftler ernstlich in Erwägung, Körperrhythmen für therapeutische Zwecke zu nutzen. ...
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