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Diagnosen: Ein Geflecht von Störungen

Die Symptome psychischer Störungen überlappen sich oft, so dass eine Person Merkmale mehrerer Krankheiten zeigen kann. Forscher suchen nach biologischen Faktoren, die solche Überschneidungen erklären.
Chaos im Kopf

Im Jahr 2018 beschäftigt den Psychiater Oleguer Plana-Ripoll von der dänischen Universität Aarhus eine rätselhafte Tatsache: Viele Menschen leiden zugleich an mehr als einer psychischen Erkrankung. Sie zeigen etwa Symptome einer Angststörung und einer Depression oder Anzeichen sowohl von Schizophrenie als auch einer bipolaren Störung. Um herauszufinden, wie häufig solche Mehrfachdiagnosen sind, wertet Plana-Ripoll eine medizinische Datenbank mit Einträgen von mehr als 5,9 Millionen Personen aus, die zwischen 2000 und 2016 in Dänemark lebten. Seine Analyse liefert ein verblüffendes Resultat. Jede psychische Störung scheint Patienten anfälliger für eine weitere zu machen – ganz gleich, wie unterschiedlich deren Symptome sind. »Wir wussten, dass die Komorbidität wichtig ist, aber wir hatten nicht erwartet, Zusammenhänge für alle Kombinationen zu finden«, erläutert er.

Plana-Ripolls Studie befasst sich mit einem Thema, das Forscher seit mehr als einem Jahrhundert beschäftigt, nämlich die Suche nach den Wurzeln psychischer Störungen. Um diese zu Tage zu bringen, durchforsten sie heute unter anderem Genvarianten, Messungen zur neuronalen Aktivität sowie Scans der Feinanatomie des Gehirns. In den vergangenen zehn Jahren haben sie regelrechte Datenberge angehäuft. Manch alte These muss neu bewertet werden. Dass sich etwa psychische Leiden in sauber getrennte Kategorien wie »Angst« oder »Psychose« einteilen lassen, ist weitgehend widerlegt. Vielmehr gehen Störungen ineinander über, harte Grenzen zwischen ihnen scheint es kaum zu geben. Das hat auch die Studie von Plana-Ripoll gezeigt. Forscher fahnden deshalb vermehrt nach den biologischen Faktoren, die dem Spektrum der Psychopathologie zu Grunde liegen…

Exklusive Übersetzung aus Nature; © Springer Nature Limited, www.nature.com, Nature 581, S. 19–21, 2020

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  • Quellen

Plana-Ripoll, O. et al. JAMA Psychiatry 76, 259–270 (2019)

Ronald, A., Simonoff, E., Kuntsi, J., Asherson, P. & Plomin, R. J. Child Psychol. Psychiatry 49, 535–542 (2008)

Grisanzio, K. A. et al. JAMA Psychiatry 75, 201–209 (2018)

Krueger, R. F. & Eaton, N. R. World Psychiatry 14, 27–29 (2015)

Kaczkurkin, A. N. et al. Biol. Psychiatry 87, 473–482 (2020)

Xia, C. H. et al. Nature Commun. 9, 3003 (2018)

The International Schizophrenia Consortium. Nature 460, 748–752 (2009)

The Brainstorm Consortium et al. Science 360, eaap8757 (2018)

Genovese, G. et al. Nature Neurosci. 19, 1433–1441 (2016)

Lahey, B. B. et al. J. Abnorm. Psychol. 121, 971–977 (2012)

Caspi, A. et al. Clin. Psychol. Sci. 2, 119–137 (2014)

Lahey, B. B., Krueger, R. F., Rathouz, P. J., Waldman, I. D. & Zald, D. H. Psychol. Bull. 143, 142–186 (2017)

Barlow, D. H. et al. JAMA Psychiatry 74, 875–884 (2017)

Selzam, S., Coleman, J. R. I., Caspi, A., Moffitt, T. E. & Plomin, R. Transl. Psychiatry 8, 205 (2018)

Goodkind, M. et al. JAMA Psychiatry 72, 305–315 (2015)

Romer, A. L. et al. Mol. Psychiatry 23, 1084–1090 (2017)

Elliott,M. L. et al. Biol. Psychiatry 84, 452–459 (2018)

Shanmugan, S. et al. Am. J. Psychiatry 173, 517–526 (2016)

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