Editorial: Eiswelten
Liebe Leserinn, lieber Leser,
jetzt, in unserem mitteleuropäischen Winter, macht sich die Sonne rar, und die Temperaturen mögen uns manchmal recht unwirtlich vorkommen. Aber selbst, wenn hierzulande das Thermometer unter der Null-Grad-Marke bleibt und Wasser zu Eis erstarrt, ist es immer noch warm verglichen mit den Temperaturen, die auf fernen Welten herrschen. Pluto zum Beispiel: Der Zwergplanet ist 33-mal so weit von der Sonne entfernt wie die Erde. Folglich erhält er im Vergleich zu unserem Heimatplaneten nur ein Tausendstel der Sonnenenergie. Die Temperatur auf seiner Oberfläche übersteigt kaum –220 Grad Celsius. Bei solch knackigem Frost, so sollte man meinen, ist das gesamte Terrain eine öde, starre Eiswüste.
Doch mitnichten! Was die Bilder der Sonde New Horizons enthüllen, die seit dem Vorbeiflug im Juli zur Erde übertragen wurden, ist alles andere als langweilig. Plutos Oberfläche zeigt einen ungeahnten Formenreichtum: Bergmassive ragen 3000 Meter hoch empor, Gletscher bedecken weite Ebenen, in denen sich sonderbare Strukturen wie mehrere hundert Meter große Kuhlen abzeichnen. Sogar Nebelschleier hüllen den Zwergplaneten ein. All das deutet auf komplexe Vorgänge und auf eine aktive Geologie hin. Auch Plutos Monde tragen besondere Züge. Die besten Aufnahmen haben wir in einem Bildbericht für Sie zusammengestellt (S. 38).
Wenn uns die Raumsonden, die bisher das Sonnensystem erkundet haben, eines lehren, dann dieses: Alle Himmelskörper, seien es Planeten, Monde, Asteroiden oder Kometen, haben einen ganz individuellen Charakter. Daraus auf die Entstehungs- und Entwicklungsgeschichte zu schließen, ist eine große Herausforderung. Aber nur mit einer solchen Erkundung wird es uns gelingen, mehr über den Ursprung und die Geschichte des Sonnensystems zu erfahren. Deshalb ist es zu begrüßen, dass die europäische Raumfahrtbehörde ESA mit einer eigenen Sonde die Eiswelten im Jupitersystem erforschen will (S. 28).
Herzlichst grüßt Ihr
Uwe Reichert
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