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Evolution der Moral: Die Wurzeln der Fairness

Nicht die Religion, sondern die Evolution hat die Moral erfunden, glaubt ­Ver­haltensforscher Frans de Waal. Gerechtigkeitsempfinden entspringt ihm zufolge dem Interesse, mit anderen zu kooperieren – und ist nicht allein dem Menschen zu eigen.

In Hieronymus Boschs "Der Garten der ­Lüste" finden sich zwei Tümpel mit einer Art Ursuppe, aus der Wesen mit Federn und Flossen, Fische mit Flügeln, ein schwimmendes Einhorn, ein Vogel mit drei Köpfen, ein Seehund mit Vorderbeinen und verschiedene Amphibien steigen. Besonders spannend ist ein Wesen mit Entenschnabel, das ein Buch liest – eine Anspielung darauf, dass die Frucht des Wissens schon im paradiesischen Schlammtümpel angelegt war. Indem der Künstler noch unvollkommene Wesen zu Adam und Eva gesellt, scheint er eine Verbindung zwischen den bescheidenen Lebensformen und der Entstehung des Menschen herzustellen.

Alles hat ganz einfach begonnen. Das gilt nicht nur für unseren Körper – mit den Händen, die sich aus den Vorderflossen entwickelt haben, und den Lungen, die aus einer Schwimmblase entstanden sind –, sondern auch für unser Denkvermögen und unser Verhalten. Die Vorstellung, dass unsere Moralität nichts mit diesen bescheidenen Anfängen zu tun hat, wurde uns von der Religion eingetrichtert und von der Philosophie übernommen. Allerdings steht das im krassen Widerspruch zu allem, was uns die moderne Wissenschaft über die Vorrangstellung von Intuition und Emotionen lehrt. Außerdem widerspricht es dem, was wir über andere Tiere wissen. Manche behaupten, Tiere seien eben, was sie sind, während unsere Spezies Idealen folge, aber das lässt sich leicht widerlegen. Nicht, weil wir keine Ideale hätten, sondern weil auch andere Spezies welche haben. ...

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Spektrum der Wissenschaft – 50 Jahre Lucy

Vor 50 Jahren wurde in Äthiopien ein hervorragend erhaltenes Teilskelett von Australopithecus afarensis entdeckt. Auch ein halbes Jahrhundert nach seiner Entdeckung gilt das 3,2 Millionen Jahre alte Fossil immer noch als Urmutter aller Menschen. Doch »Lucy« hat Konkurrenz bekommen. Außerdem im Heft: Ein neues Quantenparadoxon löst Kontroversen aus. Der Drehimpuls eines Teilchens scheint sich von diesem zu lösen und sich körperlos zu bewegen – aber ist das wirklich so? Nanokapseln, wie jene der RNA-Impfstoffe, sollen die Medizin revolutionieren. Doch immer wieder tritt durch die Nanomedikamente eine gefährliche Immunreaktion auf. Was steckt dahinter? Nördlich von Berlin untersucht ein Forschungsprojekt, wie sich trockengelegte Moore wiedervernässen lassen. Schließlich stellen wir in der Rubrik »Forschung Aktuell« die Nobelpreisträger für Physik, Chemie und Medizin oder Physiologie vor sowie deren bahnbrechenden wissenschaftlichen Beiträge vor.

Spektrum - Die Woche – Putzig, aber unerwünscht

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Spektrum - Die Woche – Akustische Kur gegen Stress

Naturgeräusche haben eine unglaublich beruhigende Wirkung auf uns. Wieso das so ist und wie Vogelgezwitscher und Wasserrauschen im Gehirn verarbeitet werden und auf unsere Psyche wirken, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der »Woche«. Außerdem: Läutet das KI-Zeitalter eine neue Ära der Physik ein?

  • Quellen
Dieser Artikel ist ein exklusiver Vorabdruck aus »Der Mensch, der Bonobo und die Zehn Gebote. Moral ist älter als Religion« von Frans de Waal. Das Buch erscheint am 22. August 2015 im Verlag Klett-Cotta.

Brosnan, S. et al.: Mechanisms Underlying Responses to Inequitable Outcomes in Chimpanzees. In: Animal Behaviour 79, S. 1229 – 1237, 2010

Range, F. et al.: The Absence of Reward Induces Inequity Aversion in Dogs. In: Proceedings of the National Academy of Sciences USA 106, S. 340 – 345, 2008

Van Wolkenten, M. et al.: Inequity Responses of Monkeys Modified by Effort. In: Proceedings of the National Academy of Sciences USA 104, S. 18854 – 18859, 2007

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