Editorial: Flug in einen Backofen
Liebe Leserin, lieber Leser,
es ist die bisher anspruchsvollste Planetenmission in der Geschichte der Europäischen Weltraumorganisation ESA: Die Raumsonde BepiColombo soll Merkur erforschen, den innersten Planeten des Sonnensystems. Die Bedingungen dort gleichen einem Backofen. Nach ihrem Einschwenken in eine Umlaufbahn um Merkur wird die Sonde sozusagen von zwei Seiten geröstet: Zum einen ist die Sonnenstrahlung etwa zehnmal so intensiv wie bei einem Orbit um die Erde. Zum anderen wird ihr von Merkur eingeheizt, dessen Oberfläche die eingefangene Sonnenenergie als Wärmestrahlung wieder abgibt. Alles in allem muss BepiColombo eine Strahlungsleistung von 20 Kilowatt pro Quadratmeter aushalten – das stellt enorme Anforderungen an den Schutz der Bordinstrumente.
Aber bereits der Flug zum Merkur selbst ist eine heikle Aufgabe. Denn um überhaupt dorthin zu gelangen, muss die Geschwindigkeit der Sonde nach dem Start um 60 Prozent verringert werden. Damit dies nicht zu Lasten des mitzuführenden Treibstoffs geht, führt das Raumfahrzeug komplexe Bahnmanöver aus. Durch insgesamt neun Vorbeiflüge an Planeten gibt die Sonde schrittweise einen Großteil ihrer Bahnenergie ab. Das erste dieser so genannten Swing-by-Manöver vollführt BepiColombo an der Erde, zwei weitere folgen an der Venus und sechs an Merkur selbst, bevor die Sonde schließlich dort in eine Umlaufbahn einschwenkt.
Solche Änderungen von Flugrichtung und -geschwindigkeit durch dichte Vorbeiflüge hatte der italienische Raumfahrtingenieur Guiseppe Colombo, genannt »Bepi«, für Mariner 10 vorgeschlagen, die 1974 als erste Sonde überhaupt einen Swing-by ausführte. Nach ihm benannte die ESA ihre Merkursonde, die nun im Oktober oder November starten wird. Wir stellen Ihnen die Mission in diesem Heft ab Seite 26 vor.
Herzlichst grüßt Ihr
Uwe Reichert
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