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Themen der Wissenschaft: Galilei, der Künstler
Im Jahr 2005 tauchte im New Yorker Antiquariat Martayan Lan ein verschollenes Exemplar des »Sidereus Nuncius« auf – des Büchleins, in dem Galilei bereits im März 1610 über seine wenige Monate zuvor begonnenen teleskopischen Beobachtungen von Mond, Jupiter und Milchstraße berichtete. Die Sensation: In diesem Exemplar waren die Bilder, die den Mond in verschiedenen Phasen nach Galileis Beobachtungen darstellen, nicht als Kupferstiche gedruckt, wie in den anderen fünf erhaltenen Exemplaren. Galilei hatte sie auf die für die Kupferstiche beim Drucken des Textes freigelassenen Flächen eigenhändig mit Pinsel und Tusche gemalt. Der Kunsthistoriker Horst Bredekamp hat die Authentizität dieser Bilder nachgewiesen und über »Galilei, den Künstler« ein umfassendes Werk vorgelegt.
Dieses großartige Buch, in dem Text und Bilder – ganz dem Anliegen des Verfassers entsprechend – innig aufeinander bezogen sind, lässt den Leser aus nächster Nähe an dem Denkprozess teilnehmen, den Galilei beim bildlichen Erfassen seiner betrachteten Gegenstände durchmachte und zeichnerisch zum Ausdruck brachte. Das Gesehene zeichnen, mit wenigen Handbewegungen das Wesentliche herausarbeiten und sich über dessen räumlichen Aufbau Klarheit verschaffen, war für Galilei offenbar ein und dasselbe. Gleich zu Anfang des Buches beschreibt Bredekamp ein Blatt aus Galileis handschriftlichem Nachlass mit Berechnungen und Skizzen zu den soeben entdeckten und in ihrem ständigen Positions- und Lichtwechel beobachteten Jupitermonden. Auf der Rückseite ist mit kräftigen Strichen eine Ansicht einer befestigten Stadt gezeichnet, die zunächst mit den Berechnungen zu den Jupitermonden nichts zu tun hat. Aber anscheinend hat sich Galilei mit dieser Zeichnung vergewissern wollen, wie die Beleuchtungsverhältnisse mit der Form und räumlichen Anordnung der Gegenstände zusammenhängen, sodass sich aus der beobachteten Verteilung von Licht und Schatten deren wahre Struktur ableiten lässt. Genau dieses Ziel verfolgt er auch mit seinen Studien zu den Bergrücken und Kratern auf dem Mond...
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