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Serie Mathematik (Teil IIb): Das Sortierproblem: Gene und Pfannkuchen
Wie hat man sich gewisse Mutationen im Erbgut von Lebewesen vorzustellen? Ungefähr wie Pfannkuchenwenden – von einem hinreichend abstrakten Standpunkt aus. Die Reihenfolge dieser Mutationen zu rekonstruieren entpuppt sich als ein Problem der höchsten Schwierigkeitsklasse.
In den 1930er Jahren durchkämmten Forscher des berühmten "Drosophila-Teams" am California Institute of Technology den Westen Amerikas, um Taufliegen für genetische Daten einzusammeln. Bei der Analyse ihrer Fundstücke stießen die Wissenschaftler auf viele "genetische Inversionen": Blöcke von Genen, die in umgekehrter Reihenfolge auftraten. Hatten etwa die Fliegen einer bestimmten Region einen bestimmten Satz von Genen, etwa abcdefg, so trat bei Populationen an anderen Orten die Reihenfolge dcbaefg auf. Die ersten vier Buchstaben dieser Sequenz waren darin also spiegelverkehrt angeordnet.
Eine weitere Umkehrung, die einen Genblock an anderer Stelle betraf, konnte daraus die Sequenz dcfeabg erzeugen. Theodosius Dobzhansky und Alfred H. Sturtevant, zwei der führenden Drosophila-Forscher, wiesen schon damals darauf hin, dass man solche genetischen Veränderungen dazu benutzen könnte, den Familienstammbaum dieser Fliegen zu rekonstruieren. Eine höhere Anzahl von Umkehrungen würde dabei auf eine größere evolutionäre Distanz hindeuten.
Die von Dobzhansky und Sturtevant entdeckten Veränderungen ließen sich auf Umkehrungen von nur ein oder zwei Genblöcken zurückführen. Später, als solche Genreihenfolgen bei einer größeren Zahl von Organismen untersucht wurden, erkannten Forscher komplexere Muster. In den 1980er Jahren maßen D. Palmer und Laura A. Herbon von der University of Michigan das Tempo evolutionärer Veränderungen bei Kohlpflanzen. Sie untersuchten die Erbsubstanz DNA in den Mitochondrien, den Energie erzeugenden Organellen. Dabei entdeckten sie, dass die Gene durch eine Vielzahl von zufälligen Umkehrungen durcheinandergewürfelt waren. Um Kohl in Rüben umzuwandeln, waren mindestens drei Umkehrungen erforderlich. Zwischen entfernteren Verwandten wie Kohl und Senf lagen offenbar mindestens ein Dutzend Gendreher – ihre genaue Zahl ließ sich aber nur schätzen.
Wenn diese genetischen Saltos als biologische Uhr dienen sollten, musste eine verlässliche Methode gefunden werden, sie abzuzählen. Wenn zwei Gensätze vorliegen – etwa abdcefg und febagcd –, wie lässt sich dann bestimmen, welche Abfolge von Umkehrungen die gesamte Transformation bewirkte? In diesem Beispiel enthält die Lösung genau drei Schritte, die Sie vermutlich mit Papier und Bleistift in einigen Minuten finden könnten. Bei größeren Genomen und längeren umgekehrten Teilabschnitten kommt man jedoch mit dieser Trial-and-Error-Methode schnell ins Schleudern. Was man braucht, ist ein Regelwerk – ein Algorithmus. Preisfrage also: Gibt es einen effizienten Algorithmus, mit dem sich eine Abfolge von Veränderungen aufspüren lässt, die eine gegebene Permutation in eine andere überführt?
Dieses "genetische Inversionsproblem" liegt an der Schnittstelle zwischen Biologie, Mathematik und Computerwissenschaft. Eine Weile schienen die Aussichten, dafür eine einfache und effektive Lösung zu finden, trübe – selbst wenn man die jeweils stärksten Werkzeuge dieser drei Disziplinen einsetzte. Dennoch hat die Geschichte ein Happy End...
Eine weitere Umkehrung, die einen Genblock an anderer Stelle betraf, konnte daraus die Sequenz dcfeabg erzeugen. Theodosius Dobzhansky und Alfred H. Sturtevant, zwei der führenden Drosophila-Forscher, wiesen schon damals darauf hin, dass man solche genetischen Veränderungen dazu benutzen könnte, den Familienstammbaum dieser Fliegen zu rekonstruieren. Eine höhere Anzahl von Umkehrungen würde dabei auf eine größere evolutionäre Distanz hindeuten.
Die von Dobzhansky und Sturtevant entdeckten Veränderungen ließen sich auf Umkehrungen von nur ein oder zwei Genblöcken zurückführen. Später, als solche Genreihenfolgen bei einer größeren Zahl von Organismen untersucht wurden, erkannten Forscher komplexere Muster. In den 1980er Jahren maßen D. Palmer und Laura A. Herbon von der University of Michigan das Tempo evolutionärer Veränderungen bei Kohlpflanzen. Sie untersuchten die Erbsubstanz DNA in den Mitochondrien, den Energie erzeugenden Organellen. Dabei entdeckten sie, dass die Gene durch eine Vielzahl von zufälligen Umkehrungen durcheinandergewürfelt waren. Um Kohl in Rüben umzuwandeln, waren mindestens drei Umkehrungen erforderlich. Zwischen entfernteren Verwandten wie Kohl und Senf lagen offenbar mindestens ein Dutzend Gendreher – ihre genaue Zahl ließ sich aber nur schätzen.
Wenn diese genetischen Saltos als biologische Uhr dienen sollten, musste eine verlässliche Methode gefunden werden, sie abzuzählen. Wenn zwei Gensätze vorliegen – etwa abdcefg und febagcd –, wie lässt sich dann bestimmen, welche Abfolge von Umkehrungen die gesamte Transformation bewirkte? In diesem Beispiel enthält die Lösung genau drei Schritte, die Sie vermutlich mit Papier und Bleistift in einigen Minuten finden könnten. Bei größeren Genomen und längeren umgekehrten Teilabschnitten kommt man jedoch mit dieser Trial-and-Error-Methode schnell ins Schleudern. Was man braucht, ist ein Regelwerk – ein Algorithmus. Preisfrage also: Gibt es einen effizienten Algorithmus, mit dem sich eine Abfolge von Veränderungen aufspüren lässt, die eine gegebene Permutation in eine andere überführt?
Dieses "genetische Inversionsproblem" liegt an der Schnittstelle zwischen Biologie, Mathematik und Computerwissenschaft. Eine Weile schienen die Aussichten, dafür eine einfache und effektive Lösung zu finden, trübe – selbst wenn man die jeweils stärksten Werkzeuge dieser drei Disziplinen einsetzte. Dennoch hat die Geschichte ein Happy End...
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