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Medizin: Gentherapie gegen Hörschäden

Nach holprigem Start macht die Gentherapie nun ­Fortschritte. Forscher wollen sie etwa nutzen, um eine bestimmte Form der Gehörlosigkeit zu behandeln.
Gentherapie

Angespannt beobachtet die junge Frau die Mimik und Gestik ihres Gegenübers und nickt oder lächelt, wenn sie glaubt, es könnte passen. Denn obwohl die Lautstärke ihres Hörgeräts erst kürzlich erhöht wurde, versteht sie in Unterhaltungen kaum noch etwas. Hannah Corderman leidet an einer angeborenen Erkrankung namens Usher-Syndrom, die ihr langsam, aber sicher zwei Hauptsinne raubt. Auf Grund einer genetischen Mutation stellen Zellen ihres Innenohrs sowie ihrer Netzhaut bestimmte Proteine nicht mehr in ausreichender Menge her, die für eine normale Zellfunktion erforderlich sind. Deshalb hat sich, zusätzlich zum Verlust des Gehörs, auch ihre Sehkraft verschlechtert. Bereits als Teenager musste sie Nachtfahrten unterlassen. Heute, mit Mitte 20, erschweren ihr blinde Flecken selbst tagsüber das Sehen. Die Ärzte haben bei ihr das Usher-Syndrom Typ 2A diagnostiziert, eine erbliche Hör- und Sehbeeinträchtigung, die sich über Jahre hinweg allmählich ausprägt. Derzeit kann keine Therapie den Fortschritt der Erkrankung stoppen oder wenigstens verlangsamen. Die junge Frau lebt also mit dem Wissen, dass sie in 10 Jahren – vielleicht auch erst in 20, falls sich die Krankheit langsam entwickelt – taub und blind sein wird.

Es gibt nicht viel, was die Ärzte tun können, um ihr zu helfen. Sie könnten Corderman eines Tages ein Cochlea-­Implantat einsetzen, das den Hörnerv direkt stimuliert, gewissermaßen unter Umgehung der Haarsinneszellen im Innenohr. Das würde auch dann noch eine gewisse Tonwahrnehmung ermöglichen, wenn die besten Hörgeräte hierfür nicht mehr ausreichen. Dem Funktionsverlust der Netzhaut wiederum ließe sich mit Retina-Implantaten entgegenwirken, welche die lichtempfindlichen Zellen elektrisch stimulieren. Doch werden sie selten eingesetzt, da sie dem tatsächlichen Sehempfinden nicht wirklich nahekommen.

Obwohl Corderman keine emsige Leserin wissenschaftlicher Zeitschriften ist, weiß sie, dass unweit ihres Wohnorts in einigen Bostoner Laboren mehrere hundert Mäuse gehalten werden, die eine ähnliche Hörstörung haben wie sie. Doch den Nagern geht es, im Gegensatz zu ihr, zunehmend besser …

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