Mathematik: Universelle Gesetze
Die moderne Mathematik ist ein überaus mächtiges Instrument. Sie kann die verschiedensten Dinge und Ereignisse in der Realität modellieren, das heißt durch Gleichungen beschreiben: solche aus der unbelebten Natur wie die Bewegung der Himmelskörper oder die physikalischen und chemischen Eigenschaften von Materialien, oder Elemente menschlichen Verhaltens, wie es sich zum Beispiel in Börsenkursen oder Wahlergebnissen zeigt. Dabei ist der Anzahl der Gleichungen keine prinzipielle Grenze gesetzt: Mathematische Modelle erfassen auch extrem komplizierte Systeme mit einer Vielzahl interagierender Bestandteile.
Wenn es jedoch darum geht, diese Gleichungen zu lösen und damit das Verhalten dieser so präzise beschriebenen Systeme vorherzusagen, sieht es sehr viel düsterer aus. Exakte Lösungen gibt es eigentlich nur für sehr simple Systeme mit gerade einmal zwei oder drei Akteuren. Ein beliebtes Beispiel sind die Spektrallinien des Wasserstoffs. Die zugehörigen Gleichungen sind so einfach und elegant lösbar, dass man sie in einer Physikvorlesung für mittlere Semester bringen kann; aber das System besteht eben nur aus einem Atomkern und einem einzigen Elektron, das diesen umkreist. Ein Natriumatom hat gerade einmal elf Elektronen, die miteinander und mit dem Kern wechselwirken; aber die mathematische Herleitung seiner Spektrallinien überfordert auch heute noch die leistungsstärksten Computer.
Nicht umsonst ist das Dreikörperproblem der Himmelsmechanik berüchtigt – angeblich das einzige, das Newton selbst Kopfschmerzen bereitete: Wie bewegen sich drei Massenpunkte unter der Einwirkung von Newtons Gravitationsgesetz? Anders als beim Zweikörperproblem, dessen Lösung – die keplersche Ellipsenbahn – bekannt und nicht schwer zu berechnen ist, gibt es für die Lösung des Dreikörperproblems allem Anschein nach überhaupt keinen geschlossenen formelmäßigen Ausdruck; vielmehr lassen sich die Bahnen der Himmelskörper nur mit Hilfe numerischer Algorithmen näherungsweise bestimmen. Und selbst diese Methode gerät rasch an ihre Grenzen, wenn die Dimension des Systems, das heißt die Anzahl seiner Unbekannten, groß wird. Das ist der berüchtigte "Fluch der Dimensionen".
Dem Fluch zum Trotz zeigt sich oft ein bemerkenswertes Phänomen. Sowie die Anzahl der Komponenten ausreichend groß ist, werden summarische Eigenschaften, die das komplexe System als Ganzes charakterisieren, auf mysteriöse Weise doch vorhersagbar und folgen sogar sehr einfachen Naturgesetzen. ...
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