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Gerontopsychiatrie: Hilfe für betagte Seelen

Auch Menschen jenseits der 60 leiden häufig an psychischen Störungen wie Ängsten oder Depressionen. Psychologen und Mediziner suchen heute verstärkt nach Wegen, um Ältere psychotherapeutisch zu unterstützen.
Schwindende ­Selbstständigkeit

So etwas gab es in Deutschland noch nie, erklärt Eva-Marie Kessler. Dass Psychotherapeuten in Pflegeheime gehen, um die Depressionen von über 80-Jährigen zu behandeln – das war tatsächlich Neuland für die Gerontopsychiatrie, jene Disziplin, die sich den seelischen Leiden älterer Menschen widmet.

2012 wusste das Team um Kessler von der ­Universität Heidelberg noch nicht einmal, ob überhaupt Bedarf bestand. Von den Bewohnern der Berliner Pflegeheime der Caritas, wo Kesslers Arbeitsgruppe ihr Projekt startete, fielen gut 60 Prozent bereits von vornherein aus. Sie waren entweder dement oder wollten gar nicht befragt werden. Unter den verbliebenen 250 Hochbetagten diagnostizierten Kessler und ihre Kollegen in rund 23 Prozent der Fälle eine Depression oder eine Anpassungsstörung mit depressiven Symptomen, die etwa als Reaktion auf den Tod des Partners oder auf ein anderes belas­tendes ­Lebensereignis aufgetreten war.

Die Untersuchung bestätigte den Verdacht der Wissenschaftler: In der Gruppe der so genannten "alten ­Alten" ab 80 Jahren gab es tatsächlich großen Bedarf an Psychotherapie. "Das gilt im Schnitt für zwei bis fünf Personen pro Pflegeheim", stellt Kessler fest. Für 23 Bewohner der Berliner Heime beantragte sie nach Vorgesprächen schließlich eine Kurzzeitverhaltens­therapie vor Ort, da die Patien­ten häufig nicht mobil genug waren, um das Haus zu verlassen ...

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  • Quellen

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