PHYSIK: Winzige Ursache, kolossale Wirkung
Kleine Manipulationen an einem System können zu dramatisch verschiedenen Entwicklungen führen: Das ist die Kernaussage der vorliegenden Dokumentation, durch die uns der Physiker Jim Al-Khalili von der University of Surrey (England) führt. Al-Khalili befasst sich unter anderem mit Alan Turing (1912 – 1954), einem der einflussreichsten Theoretiker der frühen Computerentwicklung und Informatik. 1952 veröffentlichte dieser ein theoretisches Modell (den "Turing-Mechanismus"), mit dem sich beschreiben lässt, wie Dinge spontan Gestalt annehmen. Solche Selbstorganisationsprozesse gibt es in der Natur viele, etwa die Morphogenese bei Embryonen, die Bildung von Sanddünen oder das Entstehen farbiger Muster auf den Fellen von Tieren. Turing initiierte damit eine Disziplin, deren Fortschritte er nicht mehr verfolgen konnte – er nahm sich mit 41 Jahren das Leben, vermutlich infolge einer Hormonbehandlung, zu der er als Homosexueller genötigt worden war.
Ungefähr zeitgleich, aber ohne von Turing zu wissen, entdeckte der russische Chemiker Boris Beloussov (1893 – 1970) Systeme aus mehreren chemischen Reaktionen, die nichtlinear reagieren und so zeitliche Oszillationen aufweisen. Mathematisch werden derlei Vorgänge durch Gleichungen beschrieben, wie Turing sie entdeckt hat. Veröffentlichen konnte Beloussov seine bahnbrechenden Erkenntnisse nicht, denn seine Kollegen glaubten ihm nicht. Wie konnten die einfachen Gleichungen, denen ein solches System gehorcht, ein so kompliziertes Verhalten hervorbringen? ...
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