GESCHICHTE: Geheimakte Luther
Das nahende Reformationsjubiläum 2017 wirft nicht nur seinen Schatten, sondern auch eine Springflut an Publikationen voraus. Die meisten davon trachten nach wohlfeilem Tagesgewinn und werden schon morgen von vorgestern sein. Doch heißt das nicht, dass es mit dem Reformationsgedenken und namentlich mit dessen Inaugurator Martin Luther grundsätzlich düster aussehe. Das beweist die vorliegende Darstellung über den Wittenberger Reformator.
Volker Reinhardts Buch ist kein effekthaschender Schnellschuss, sondern die Frucht jahrelanger seriöser Quellen- und Forschungsarbeit. Der an der Universität Fribourg (Schweiz) lehrende Neuzeithistoriker hat in den vatikanischen Archiven Akten gefunden, die erstmals detailliert erkennen lassen, wie Luther von Rom aus wahrgenommen wurde.
Reinhardt beschreibt die Reformation als einen Prozess wechselseitiger Abstoßung, bei dem der anfänglich theologische Disput zunehmend von unterschiedlichen kulturellen Verfasstheiten beider Konfliktparteien überlagert wurde, die sich gegenseitig als minderwertig, defizitär im Glauben und moralisch verwerflich verteufelten. Auf der einen Seite das Renaissance-Papsttum, das sich kulturell weit überlegen wähnte, seine Macht durch Prunk und Protz demonstrierte und den notorischen Glaubensabweichler Luther verächtlich als "hinterwäldlerisches Mönchlein aus dem barbarischen Norden" bezeichnete. Auf der anderen Seite der hartnäckige Augustinermönch und gelehrte Theologieprofessor aus Wittenberg, für den das Heilige Rom der unheiligste Sünden- und Pfründenpfuhl war. ...
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