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Genetik: Im Bund mit selbstsüchtigen Genen

Wie »Gene Drives« dabei helfen können, Schädlinge und Krankheitserreger zu bekämpfen.
Ein blauer stilisierter DNA-Strang vor blauem Hintergrund

Seit einigen Jahren berichten die Medien vermehrt über so genannte Gene Drives – und vermelden Erstaunliches. Mittels Gene Drive könnte man ganze Populationen von Krankheitsüberträgern vollständig unschädlich machen oder ausrotten, heißt es. Vielleicht ließen sich damit sogar Arten vernichten. Die Methode kommt besonders im Hinblick auf Malaria-Mücken immer wieder ins Gespräch. Was soll man davon halten? Was ist Gene Drive, was lässt sich damit erreichen – und was nicht?

Gene Drive, im Deutschen auch als »Genturbo« bezeichnet, wird zwar oft als innovatives gentechnisches Verfahren dargestellt, ist aber keine neue Erfindung von Molekularbiologen. Vielmehr handelt es sich um ein natürlich ­vorkommendes Phänomen bei bestimmten Genen, die gewissermaßen selbstsüchtig handeln, indem sie die mendelschen Vererbungsregeln aushebeln und sich in überproportional viele Nachkommen einschreiben.

In einem Organismus mit dem üblichen zweifachen (»diploiden«) Chromosomensatz liegt ein bestimmtes Gen meist in zwei Varianten vor, den »Allelen«. Diese unterscheiden sich in der Regel leicht voneinander. Eines der Allele kommt von der Mutter, das andere vom Vater. Bei der sexuellen Fortpflanzung gibt ein Organismus nur eines seiner beiden Allele an den Nachwuchs weiter – welches, hängt in der Regel vom Zufall ab und wird bei jedem Paarungsakt neu ausgewürfelt. Im Schnitt erhält die eine Hälfte der Nachkommen das eine Allel und die andere Hälfte das andere. Liegt kein Selektionsdruck vor, ändert sich die Häufigkeit eines bestimmten Allels in einer Population daher normalerweise nicht. Zeigt eines der Allele jedoch ein »Drive«-Verhalten, dann ist es in überproportional vielen Nachkommen zu finden (im Extremfall in allen) und verdrängt somit sein Gegenstück. Das Drive-Allel wird folglich in die Population »eingetrieben«.

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Mit dem Begriff Neurodiversität beschreibt die Wissenschaft die natürliche Vielfalt unseres Denkens – und eröffnet neue Perspektiven auf Autismus, ADHS & Co. Aber warum ist in den vergangenen Jahren die Zahl der Diagnosen so deutlich gestiegen? Unsere Titelgeschichten gehen dieser Frage nach und beleuchten medizinische Ursachen ebenso wie gesellschaftliche Einflüsse und geschlechterspezifische Unterschiede. Erfahren Sie zudem im Interview mit Molekularbiologe Prof. Thomas Bourgeron, welche Rolle genetische Faktoren bei der Ausprägung und Diagnostik neurodiverser Eigenschaften spielen. Auch soziale Ungleichheit steht im Fokus dieser Ausgabe, denn neue Studien zeigen, wie sie politische Einstellungen beeinflusst und was Menschen dazu bringt, autoritäre Persönlichkeiten zu wählen. Daneben erklärt Maren Urner im Interview, was die ständige digitale Reizflut mit unserem Gehirn macht – und weshalb Langeweile gut für die mentale Gesundheit ist. Zudem berichten wir, warum Antidepressiva oft nicht wirken und welcher Weg zu einer maßgeschneiderten Therapie führen kann.

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  • Quellen und Literaturtipp

Quellen

Burt, A.: Site-specific selfish genes as tools for the control and genetic engineering of natural populations. Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences, 2003

Esvelt, K. M. et al.: Emerging Technology: Concerning RNA-guided gene drives for the alteration of wild populations. eLife, 2014

Karami Nejad Ranjbar, M. et al.: Consequences of resistance evolution in a Cas9-based sex conversion-suppression gene drive for insect pest management. PNAS 115, 2018

Oberhofer, G. et al.: Cleave and Rescue, a novel selfish genetic element and general strategy for gene drive. PNAS 116, 2019

Wimmer, E. A.: Insect biotechnology: Controllable replacement of disease vectors. Current Biology 23, 2013

Literturtipp

Burt, A., Trivers, R.: Genes in conflict: The biology of selfish genetic elements. Harvard University Press, 2008 Ein Überblick über das Phänomen »egoistischer« Gene, die sich überproportional stark verbreiten

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