Schizophrenie: Soteria - Sanfte Psychiatrie
An ihren ersten Psychiatrieaufenthalt denkt Marie nicht gern zurück. Panische Angst habe sie gehabt, als sie vor sechs Jahren ins Klinikum München-Ost zwangseingewiesen wurde. "Aber die Pfleger haben sich wohl noch mehr vor mir gefürchtet", erinnert sie sich heute und lächelt dabei verlegen. Warum sie dem Personal so viel Angst einflößte, dass sie an ein Bett gefesselt wurde und eine Spritze bekam – darüber schweigt sie lieber. Unter dem Einfluss des starken antipsychotischen Medikaments habe man sie zwei Tage lang einfach so sich selbst überlassen. "Ein Albtraum", sagt sie rückblickend und starrt ins Leere.
Seit ihrer Jugend wähnt sich die 31-Jährige immer wieder von Bekannten verfolgt, sieht verdächtige Personen auf der Straße und erhält "merkwürdige" Anrufe. Die Ärzte diagnostizierten bei ihr schon im Alter von 16 Jahren eine Schizophrenie. Heute gehört Marie zu den wenigen schizophrenen Patienten, die in einer von bundesweit zwei "Soteria"-Einrichtungen behandelt werden.
Die erste derartige Institution weltweit gründete der Psychiater Loren Mosher (1933 – 2004) im Zuge einer psychiatriekritischen Bewegung bereits 1971 in San Francisco. In einer Art Wohngemeinschaft begleiteten er und seine Kollegen neu erkrankte Schizophrene durch die Psychose – ohne sie wie »Verrückte« zu behandeln, ohne ihnen gegen ihren Willen Psychopharmaka zu verabreichen oder sie in einem Spezialbett zu "fixieren". Stattdessen sollten eine offene und familiäre Atmosphäre sowie einfühlsame Zuwendung den Patienten helfen, sich zu beruhigen und zu "entängstigen" – also emotional zu entspannen.
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