Spektrogramm
Sternhaufengeburt im galaktischen Zentrum
Die besonderen Bedingungen im Zentrum der Galaxis führen zur Entstehung von Sternhaufen aus Riesensternen. Das bestätigen neue Aufnahmen des Arches- und des Quintuplet-Sternhaufens, die Don Figer vom Space Telescope Science Institute mit der NICMOS-Infrarotkamera des Hubble-Weltraumteleskops gewonnen hat. Die beiden Sternansammlungen sind etwa 25000 Lichtjahre von der Erde und nur rund hundert Lichtjahre vom Mittelpunkt der Milchstraße entfernt. Mit einem Alter zwischen zwei und vier Millionen Jahren sind sie astronomisch gesehen sehr jung. Das weist darauf hin, daß im Kern der Galaxis immer noch neue Sterne entstehen. Astronomen vermuten, daß sich der Arches- und der Quintuplethaufen gebildet haben, als zwei riesige Wolken aus Wasserstoff und interstellarem Staub miteinander kollidierten.
Die hohen Temperaturen, starke magnetische Felder und Turbulenzen beim Zusammenstoß hinderten kleinere Klumpen Wasserstoff daran, zusammenzufallen und viele massenarme Sterne zu bilden. Statt dessen entstanden extrem helle, kurzlebige Sterne wie etwa der „Pistolenstern“ im Quintuplethaufen, der den leuchtkräftigsten Stern unserer Galaxie darstellt. Auch den Sternhaufen ist nur eine kurze Lebenszeit beschieden, denn sie werden von den Gezeiten-kräften allmählich auseinandergerissen.
Auf den Punkt gebracht
Ein neues effizientes Verfahren zur Herstellung von sogenannten Quantenpunkten könnte den Weg von der Mikro- zur Nanoelektronik ebnen. Quantenpunkte sind winzige Halbleiterstrukturen aus einigen hundert Atomen. Darin eingesperrte Elektronen besitzen ähnlich wie in Atomen diskrete Energiezustände. Im Idealfall können die Elektronen auf ein einziges Energieniveau gezwungen werden – Basis für die kleinstmöglichen elektronischen Speicherelemente und Transistoren. Stefan Facsko und Thomas Dekorsy vom Institut für Halbleitertechnik der Technischen Hochschule Aachen verwendeten in ihrem Verfahren die Technik des „Sputterns“. Dabei beschossen sie ein Halbleitermaterial (Galliumantimonid) mit Argon-Ionen. Wie bei einem Sandstrahlgebläse zerstäuben diese das Material, wobei immer nur wenige Atomschichten nacheinander abgetragen werden. Die vormals glatte Oberfläche entpuppte sich bei Betrachtung durch ein Rasterelektronenmikroskop nicht wie erwartet als unregelmäßig aufgerauht. Statt dessen erblickten die Aachener Physiker eine völlig geordnete Struktur aus regelmäßigen Punkten mit einem Durchmesser von etwa 35 Nanometern. Sie führen das auf einen Selbstorganisationsprozeß zurück: ein Zusammenspiel zwischen der Abtragung durch das Sputtern und dem Bestreben des Materials, diese Defekte wieder auszugleichen. (Science, Bd. 285, S. 1551)
Gerüstet dank Mutters Erfahrung
Wasserflöhe geraten bei Bedrohung buchstäblich in Harnisch. Befinden sie sich mit Räubern, wie zum Beispiel Büschelmückenlarven, im selben Gewässer, dann bilden die kleinen Krebse zipfelmützenähnliche Helme, Nackenstacheln oder verlängerte Schwanzspitzen aus. Damit sind sie als Beute zu groß und bleiben verschont. Ausgelöst wird dieses Wachstum durch Kairomone: Chemikalien, welche die Räuber unfreiwillig ins Wasser abgeben. Ein Forscherteam von der Ludwig-Maximilians-Universität in München hat jetzt herausgefunden, daß die Wehrbereitschaft eines Wasserflohs erhöht ist, wenn seine Mutter bereits Kontakt mit einem Räuber hatte. Die Wissenschaftler zogen einige Exemplare von Daphnia cucullata in „räuberfreier“ Umgebung, andere dagegen in Wasser mit Kairomonen auf und verglichen die Größen der Helme, welche die Nachkommen bei Bedrohung entwickelten. Diejenigen Sprößlinge, deren Mütter schon einmal – scheinbar – Erfahrung mit Räubern gemacht hatten, zeigten sich dabei deutlich besser gerüstet. Demnach überträgt die Elterngeneration Abwehrstrukturen, die sie in Anpassung an die Umwelt erworben hat, auf ihre Nachkommen, ohne daß dabei das Genom verändert wird. (Nature, Bd. 401, S.60)
Das Rätsel der "Monster-Blume"
Das gewöhnliche Leinkraut (Linaria vulgaris) hat eine natürliche Doppelgängerin mit einheitlichen statt unterschiedlich geformten Blütenblättern. Als Carl von Linné vor 250 Jahren dieses „un“-gewöhnliche Leinkraut entdeckte, hielt er es für eine eigene Art und gab ihm den Namen Peloria, was im griechischen soviel wie Monster bedeutet. Wissenschaftler am John-Innes-Centre in Großbritannien haben jetzt jedoch herausgefunden, daß es sich in Wahrheit nur um eine natürliche Mutante handelt. Bei der Monsterblume ist dasjenige Gen ausgeschaltet, welches normalerweise dafür sorgt, daß die Blütenblätter asymmetrisch angelegt werden. Schuld daran ist aber nicht etwa ein Fehler im genetischen Text des Erbguts; vielmehr wurde die DNA des „Symmetrie-Gens“ dauerhaft mit Methylgruppen bestückt und so unleserlich gemacht. Bei Peloria handelt es sich offenbar um die erste Pflanze, bei der eine Weitervererbung dieser normalerweise nur vorübergehend angebrachten Modifikation festgestellt wurde. (Nature, Bd. 401, S. 157)
Die ältesten Schädel von Eurasien
Wissenschaftler des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz haben zusammen mit georgischen Forschern die bislang ältesten menschlichen Überreste auf eurasischem Boden entdeckt: zwei gut erhaltene Schädel, die auf etwa 1,8 Millionen Jahre geschätzt werden. Die Funde lassen vermuten, daß eher als bisher angenommen Frühmenschen auf dem eurasischen Kontinent lebten. Die Ausgrabungen wurden in einem Vulkangebiet bei der Ortschaft Dmanisi in der Kaukasus-Republik Georgien durchgeführt. Genau an der gleichen Stelle hatten die Forscher bereits 1991 einen menschlichen Unterkiefer gefunden, den sie – allerdings sehr umstritten – auf 1,7 bis 1,8 Millionen Jahre datierten. Die neuen Funde sind zwar noch nicht restauriert, doch die Wissenschaftler rechnen sie, aufgrund bestimmter Merkmale wie etwa Schädelwölbung und -größe oder Gestalt der Überaugenwülste, bereits jetzt zur Gruppe des afrikanischen Homo erectus, der vor gut zwei Millionen Jahren die Bühne der Welt betrat. Er war der erste Mensch, der lernte, mit Feuer umzugehen und seine Umwelt zu beherrschen. Das machte es ihm möglich, den afrikanischen Kontinent in Richtung Norden zu verlassen und sich neue Lebensräume bis nach China und Europa zu erschließen.
Alt, aber kein bißchen heiser
Einer etwa 9000 Jahre alten Flöte haben Wissenschaftler noch Töne entlocken können – damit ist sie womöglich das älteste noch funktionsfähige Musikinstrument der Welt. Wie die Forscher berichten, entsprachen die einzelnen Töne dabei verblüffend genau unserer Tonleiter. Die Flöte stammt von Ausgrabungen in Jiahu in der chinesischen Provinz Henan, einer sehr reichhaltigen Fundstätte aus der Jungsteinzeit. Das Instrument wurde aus der Elle eines Mandschurenkranichs geschnitzt und weist sieben große und ein kleineres Loch auf. Zusammen mit ihm wurden weitere fünf vollständig erhaltene Flöten und Bruchstücke von etwa 30 zusätzlichen entdeckt. Mit Hilfe der Radiokarbonmethode ermittelten amerikanische Forscher das hohe Alter des Musikinstruments. (Nature, Bd. 401, S. 366)
Ribosom im Röntgenblick
Ribosomen sind die Fabriken für Proteine in der Zelle. Röntgenkristallographische Aufnahmen mit einer Auflösung von 78 Nanometern ermöglichten Wissenschaftlern der Universität von Kalifornien in Santa Cruz nun einen genaueren Einblick in die Struktur und die Arbeitsweise dieser Organellen. Auf dem Bild ist zu erkennen, wie sich die transfer-RNA – das Transportmolekül für die Aminosäuren, die im Ribosom zu Proteinen verknüpft werden – an den drei vorgesehenen Bindungsstellen des Ribosoms anordnet (grün, blau, rot). Wie Stoff auf einer Nähmaschine werden die Moleküle der transfer-RNA durch den Spalt zwischen den beiden Untereinheiten (grau und violett) geleitet. Außerdem entdeckten die Forscher eine kleine Schlinge in der ribosomalen RNA der großen Untereinheit, die mit einem Protein der kleinen wechselwirkt. Womöglich werden so die beiden Teile der „Nähmaschine“ bei der Proteinbiosynthese zusammengehalten. (Science, Bd. 285, S. 2095)
Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 1999, Seite 30
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH
Schreiben Sie uns!
Beitrag schreiben