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Psychologie: Spotlight auf die unteren Ränge
Chefetagen üben auf Wirtschaftspsychologen schier grenzenlose Faszination aus, "Leadership" zählt seit jeher zu ihren beliebtesten Studienobjekten. Doch neuerdings erkunden Forscher verstärkt die Psyche der "Follower".
Der Automobilkonzern Audi trumpfte 2002 in den USA mit einem unerwartet erfolgreichen Werbeslogan auf: "Never Follow", "Folgen Sie nie" – die Zeile sollte die potenziellen Kunden davon überzeugen, dass die Marke mit den vier Kreisen der Konkurrenz technologisch immer voraus ist. Zunächst erschien der Spruch in minimalistischen Printanzeigen, in denen sich ein silberner A6 Avant wie ein Metallpanter durch das Bild schob. Bald darauf zierte er auch Anzeigen mit anderen Audi-Modellen.
Schließlich weitete das Unternehmen das "Never Follow"-Konzept zu einer multimedialen Imagekampagne aus: Prominente wie der Rockstar David Bowie und der Fußballer Freddy Adu wurden darin als "lebende Beispiele für Audis Never-Follow-Markenphilosophie" präsentiert, wie es eine Firmenmitteilung formulierte. Erst im Jahr 2007 verabschiedete sich der Autokonzern von dem Erfolgsslogan.
Worin liegt der besondere Reiz dieses schlichten Satzes? Für die Wirtschaftsexpertin Barbara Kellerman von der Harvard University ist die Antwort klar: "'Never Follow' berührt eine tief sitzende Angst moderner Amerikaner. Der Slogan reflektiert die Abneigung, nur Mitläufer in einer braven, geistlosen Herde zu sein – oder für einen solchen gehalten zu werden." Unter allen Umständen sei es besser, Anführer zu sein als Geführter.
Die Faszination für "Leader" mag in den USA zwar besonders stark ausgeprägt sein, sie ist aber auch in anderen Staaten spürbar – vor allem im Wirtschaftsleben. Die Frage, was einen guten Firmenlenker ausmacht und wo die Ursachen schlechter Führung zu suchen sind, beschäftigt Forscher in vielen Ländern. Jede Wirtschaftsfakultät oder Business School, die etwas auf sich hält, betreibt einen Leadership-Lehrstuhl.
Bestseller und Blätter wie das "Wall Street Journal" oder das "Manager Magazin" füllen viele Seiten mit den Erfolgen und Niederlagen der Männer und Frauen in Chefetagen. Auch die jüngste, durch die Finanzkrise ausgelöste Kritik an Bankenvorständen zeigt, dass unserer Vorstellung nach allein die Topmanager das Schicksal von Unternehmen bestimmen. Unter Fachleuten scheint die Obsession für Firmenlenker seit einiger Zeit jedoch etwas nachzulassen, denn immer mehr Experten richten ihre Aufmerksamkeit auf den unteren Teil der Firmenhierarchie und nehmen die Follower, die "Geführten", in den Blick. Hier deutet sich womöglich ein Paradigmenwechsel an, denn auch in psychologischen Fachjournalen tauchen neuerdings häufiger Artikel zu den niederen Chargen auf.
Barbara Kellerman veröffentlichte Anfang 2008 das Buch "Followership", in dem sie analysiert, wie Geführte sich im Arbeitsleben, aber auch in der Politik und in anderen gesellschaftlichen Bereichen fühlen und wie sie handeln: Die Zeiten, in denen die Leute in den oberen Etagen machen können, was und wie sie wollen, sind endgültig vorbei, so das zentrale Ergebnis ihrer Studien. Follower treten frecher auf und verhalten sich strategischer als früher. Sie sind auch viel weniger bereit, einfach das zu tun, was man ihnen sagt, und ihre Meinung für sich zu behalten ...
Schließlich weitete das Unternehmen das "Never Follow"-Konzept zu einer multimedialen Imagekampagne aus: Prominente wie der Rockstar David Bowie und der Fußballer Freddy Adu wurden darin als "lebende Beispiele für Audis Never-Follow-Markenphilosophie" präsentiert, wie es eine Firmenmitteilung formulierte. Erst im Jahr 2007 verabschiedete sich der Autokonzern von dem Erfolgsslogan.
Worin liegt der besondere Reiz dieses schlichten Satzes? Für die Wirtschaftsexpertin Barbara Kellerman von der Harvard University ist die Antwort klar: "'Never Follow' berührt eine tief sitzende Angst moderner Amerikaner. Der Slogan reflektiert die Abneigung, nur Mitläufer in einer braven, geistlosen Herde zu sein – oder für einen solchen gehalten zu werden." Unter allen Umständen sei es besser, Anführer zu sein als Geführter.
Die Faszination für "Leader" mag in den USA zwar besonders stark ausgeprägt sein, sie ist aber auch in anderen Staaten spürbar – vor allem im Wirtschaftsleben. Die Frage, was einen guten Firmenlenker ausmacht und wo die Ursachen schlechter Führung zu suchen sind, beschäftigt Forscher in vielen Ländern. Jede Wirtschaftsfakultät oder Business School, die etwas auf sich hält, betreibt einen Leadership-Lehrstuhl.
Bestseller und Blätter wie das "Wall Street Journal" oder das "Manager Magazin" füllen viele Seiten mit den Erfolgen und Niederlagen der Männer und Frauen in Chefetagen. Auch die jüngste, durch die Finanzkrise ausgelöste Kritik an Bankenvorständen zeigt, dass unserer Vorstellung nach allein die Topmanager das Schicksal von Unternehmen bestimmen. Unter Fachleuten scheint die Obsession für Firmenlenker seit einiger Zeit jedoch etwas nachzulassen, denn immer mehr Experten richten ihre Aufmerksamkeit auf den unteren Teil der Firmenhierarchie und nehmen die Follower, die "Geführten", in den Blick. Hier deutet sich womöglich ein Paradigmenwechsel an, denn auch in psychologischen Fachjournalen tauchen neuerdings häufiger Artikel zu den niederen Chargen auf.
Barbara Kellerman veröffentlichte Anfang 2008 das Buch "Followership", in dem sie analysiert, wie Geführte sich im Arbeitsleben, aber auch in der Politik und in anderen gesellschaftlichen Bereichen fühlen und wie sie handeln: Die Zeiten, in denen die Leute in den oberen Etagen machen können, was und wie sie wollen, sind endgültig vorbei, so das zentrale Ergebnis ihrer Studien. Follower treten frecher auf und verhalten sich strategischer als früher. Sie sind auch viel weniger bereit, einfach das zu tun, was man ihnen sagt, und ihre Meinung für sich zu behalten ...
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