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Soziobiologie: Tödliches Stigma



Üblicherweise muss das dominierende Alpha-Tier seine Position immer wieder im Zweikampf gegen Rivalen verteidigen. Nicht so im hierarchischen Staate der Dinoponera quadriceps. Bei dieser südamerikanischen Ameisenart herrschen Verhältnisse wie am Hof eines mittelalterlichen Fürsten, der seine Günstlinge geschickt zur Sicherung seiner Machtposition einspannte. Das konnten Forscher um Thibaud Monnin von der Universität Sheffield jetzt beobachten. D. quadriceps lebt ohne Königin. Stattdessen sorgen etwa achtzig Arbeiterinnen für eine Alpha-Ameise, die als einzige die Fähigkeit zur Fortpflanzung hat. Daneben gibt es drei bis fünf hochrangige Stellvertreterinnen, die alle Schwestern des Alpha-Tiers sind. Bei dessen Tod rückt eine von ihnen nach. Doch manchmal mag sie nicht so lange warten. In diesem Fall zückt die Alpha-Ameise ihren Stachel und beschmiert die Aufrührerin mit dem Sekret aus einer Hinterleibsdrüse. Daraufhin eilen ihr bis zu sechs Arbeiterinnen zu Hilfe, beißen sich an der Putschistin fest und halten sie so bis zu vier Tage lang gefangen. Im günstigsten Fall verliert die Ameise nur ihren Rang, schlimmstenfalls ihr Leben. Der scheinbar selbstlose Einsatz der Arbeiterinnen für das dominierende Tier macht soziobiologisch Sinn: Als direkte Nachkommen der Alpha-Ameise sind sie näher mit ihr verwandt als mit einer potenziell nachrückenden Schwester von ihr. (Nature, 5.9.2002, S. 61)

Aus: Spektrum der Wissenschaft 11 / 2002, Seite 45
© Spektrum der Wissenschaft Verlagsgesellschaft mbH

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