Direkt zum Inhalt
Login erforderlich
Dieser Artikel ist Abonnenten mit Zugriffsrechten für diese Ausgabe frei zugänglich.

Astronomie: Urtümliche Meteoriten

Unter dem Mikroskop enthüllen die ältesten Gesteine im Sonnensystem Details über dessen Anfänge. Genaue Analysen solcher Chondrite offenbaren, wie die Staubscheibe beschaffen war, aus der unsere Erde und die anderen Planeten hervorgingen.
Mikrofotografie des Dünnschnitts eines Meteoriten

Astronomen tun mir leid. Sie sehen ihre Forschungsobjekte – Sterne, Galaxien, Quasare – nur von Weitem: als Pixel auf einem Computerschirm oder als abstrakte Spektrogramme. Wer hingegen Meteoriten und Asteroiden erforscht, kann Stücke dieser Himmelskörper mit den Händen greifen, um ihnen ihre Geheimnisse zu entlocken. Das verschafft einen konkreten Zugang zu etwas, das sonst entlegen und abstrakt bliebe. Am meisten faszinieren mich die Chondrite. Sie machen mehr als 80 Prozent der auf der Erde entdeckten Meteoriten aus. Ihr Name stammt von den darin enthaltenen Chondren – winzigen Kügelchen aus geschmolzenem Metall, oft kleiner als ein Reiskorn, die entstanden, bevor sich in der Frühphase des Sonnensystems Asteroiden bildeten. Wenn ich unter dem Mikroskop Dünnschnitte von Chondriten untersuche, erinnert mich der Anblick an abstrakte Gemälde von Wassily Kandinsky.

Chondrite sind die ältesten Steine, die je ein Mensch berührt hat. Die radiometrische Datierung ergibt ein Alter von mehr als 4,5 Milliarden Jahren. Damals gab es noch keine Planeten, sondern nur eine rotierende Scheibe aus Gas und Staub, den so genannten Sonnennebel. Chondrite bestehen aus den urtümlichen Materialien, aus denen sich schließlich auch die Planeten, Monde, Asteroiden und Kometen zusammensetzten. Nach gängiger Überzeugung entstanden die Chondren, als silikatreiche Staubklumpen durch hochenergetische Ereignisse schmolzen und einzelne Flüssigkeitstropfen bildeten. Die Tröpfchen erstarrten rasch und vereinigten sich – zusammen mit Staub, Metallen und anderen Materialien – zu Chondriten, die später zu Asteroiden anwuchsen. Durch heftige Zusammenstöße zerplatzten und splitterten diese; schließlich stürzte ein Teil der Trümmer auf die Erde. Solche Meteoriten sprechen mich daher nicht nur aus ästhetischen Gründen an: Sie sind Fossilien aus der Ursprungsphase des Sonnensystems und künden von der Entstehungszeit unseres Heimatplaneten.

Fossilienfunde sind immer nur der erste Schritt zur Rekonstruktion einer Entwicklungsgeschichte; sie müssen in einen Zusammenhang gestellt werden. Doch es ist nicht leicht, den Entstehungsort und die ursprüngliche Umgebung der verschiedenen Chondriten herauszufinden, denn bis vor Kurzem besaßen wir erstaunlich magere Informationen über deren detaillierte Struktur. ...

Kennen Sie schon …

Sterne und Weltraum – Superheiß: So wird die Sonnenkorona geheizt

Unsere Sonne birgt ein Temperaturrätsel: Der Sonnenkern ist etwa 15 Millionen Grad Celsius heiß, was das Verschmelzen von Atomkernen erlaubt. Diese Fusionsprozesse speisen die Sonnenenergie, die schließlich am äußersten Rand unseres Heimatgestirns – der Photosphäre – als elektromagnetische Wellen abgestrahlt wird. Dort ist unser Heimatgestirn nur noch zirka 5500 Grad Celsius heiß. Doch weiter außen erreicht sie in einer Schicht namens Korona ein bis zwei Millionen Grad Celsius! Wie kommt das? Der Sonnenphysiker Klaus-Peter Schröder klärt in der Titelgeschichte das Mysterium auf und legt dar, welche Rolle Magnetfelder dabei spielen.

Spektrum der Wissenschaft – Zeit in der Quantenmechanik

»Zeit in der Quantenmechanik« geht der Frage nach, ob veränderte Regeln die Quantentheorie mit dem expandierenden Universum in Einklang bringen könnten. Außerdem im Heft: Eine Raumsonde bringt Gesteinsproben von dem Asteroiden Bennu auf die Erde; Wie intensiv verstärkt der Klimawandel Extremwetter und welchen Einfluss hat dies auf die Politik?; Asia Murphy erklärt, welche ökologischen Folgen es hat, wenn selbst Raubtiere sich vor Menschen fürchten.

Spektrum der Wissenschaft – Technik für die Sicherheit

»Technik für die Sicherheit« gibt einen Überblick über zwei Seiten des technischen Fortschritts und zeigt, was uns gefährdet aber auch, was uns schützt. Aus dem Inhalt: Hyperschall-Hype - Droht ein neuer Rüstungswettlauf bei Lenkflugkörpern? • Quantenhacker - Auf der Suche nach unknackbarer Verschlüsselung • Satelliten - Wie lässt sich ein Angriff im Orbit verhindern?

  • Quellen

Jones, R. H. et al.:Chemical, Mineralogical and Isotopic Properties of Chondrules. In: Krot, A. N. et al. (Hg.): Chondrites and the Protoplanetary Disk. Astronomical Society of the Pacific Conference Series 341, S. 251 - 285, 2005

Rubin, A. E.:Physical Properties of Chondrules in Different Chondrite Groups: Implications for Multiple Melting Events in Dusty Environments. In: Geochimica et Cosmochimica Acta 74, S. 4807 - 4828, 2010

Schreiben Sie uns!

Beitrag schreiben

Wir freuen uns über Ihre Beiträge zu unseren Artikeln und wünschen Ihnen viel Spaß beim Gedankenaustausch auf unseren Seiten! Bitte beachten Sie dabei unsere Kommentarrichtlinien.

Tragen Sie bitte nur Relevantes zum Thema des jeweiligen Artikels vor, und wahren Sie einen respektvollen Umgangston. Die Redaktion behält sich vor, Zuschriften nicht zu veröffentlichen und Ihre Kommentare redaktionell zu bearbeiten. Die Zuschriften können daher leider nicht immer sofort veröffentlicht werden. Bitte geben Sie einen Namen an und Ihren Zuschriften stets eine aussagekräftige Überschrift, damit bei Onlinediskussionen andere Teilnehmende sich leichter auf Ihre Beiträge beziehen können. Ausgewählte Zuschriften können ohne separate Rücksprache auch in unseren gedruckten und digitalen Magazinen veröffentlicht werden. Vielen Dank!

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.