Psycholinguistik: Verbale Ausrutscher
Lieber Roland Kotz … Koch!« Ein Schelm, wer bei diesem berühmten Lapsus von Angela Merkel Böses denkt. Versprecher bescheren den Hörern oft Vergnügen, lassen sie doch viel Raum für Interpretation. Doch entgegen der landläufigen Meinung fördern sie meist nicht die geheimen Gedanken des Sprechers zu Tage. Vielmehr eröffnen die verbalen Missgeschicke einen einzigartigen Blick auf die Art und Weise, wie unsere Sprachproduktion funktioniert. Denn der genaue Ablauf – vom Gedanken bis zur Lautäußerung – ist alles andere als leicht zugänglich. Das meiste davon entzieht sich unserem Bewusstsein und spielt sich in Sekundenbruchteilen ab. Versprecher bieten hier ein Fenster, durch das wir auf die verschiedenen Stufen des Sprechprozesses blicken können. Getreu dem Motto: Wie etwas funktioniert, erkennt man erst dann, wenn es danebengeht.
Wenn wir eine Botschaft senden wollen, ergreift unser inneres Sprachproduktionssystem ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Wir müssen die passenden Konzepte und die entsprechenden Ausdrücke finden und alles in eine geordnete grammatische Form gießen, da wir meist in Sätzen sprechen. Dann erst wird der Plan in eine lautliche Abfolge gebracht. Im Großen und Ganzen arbeitet das Sprachplanungssystem dabei höchst fehlerresistent – Versprecher treten nur selten auf. Nur alle 1000 Wörter kommt ein sprachlicher Fehler vor, und das bei einer durchschnittlichen Redegeschwindigkeit von drei Wörtern pro Sekunde. Viele Studien zu Versprechern basieren auf Sammlungen spontansprachlicher Irrtümer, also natürlichen, nicht experimentell herbeigeführten Daten. Der »Frankfurter Versprecherkorpus« gehört mit rund 8000 Einträgen zu den größten derartigen Sammlungen in Deutschland.
Die wesentlichen Erkenntnisse über die Architektur unserer Sprachproduktion basieren auf...
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