Vertrauen: Verlass dich auf mich!
Das etwa zehn Monate alte Baby sitzt in der Mitte des Glastisches und schaut nach unten. Es hatte sich bis hierher gewagt, doch nun traut es sich offenbar nicht weiter. Die Tischhälfte, auf der es sich befindet, ist an der Unterseite mit einem Schachbrettmuster beklebt. Auf der anderen Seite setzt sich dieses fort, allerdings auf dem Boden. So entsteht der Eindruck eines plötzlichen, steilen Abgrunds. Das Baby nimmt diesen offensichtlich deutlich wahr und rührt sich nicht vom Fleck.
Die oben beschriebene Versuchsanordnung, auch »visuelle Klippe« genannt, entwickelten Forscher in den 1960er Jahren. Sie wollten damit untersuchen, ab wann Babys über eine voll entwickelte Tiefenwahrnehmung verfügen. In neueren Untersuchungen gelang Wissenschaftlern damit eine weitere interessante Beobachtung: Im ersten Lebensjahr krabbelten Babys, die den Abgrund schon wahrnehmen konnten, manchmal trotzdem darüber hinweg – und zwar, wenn eine Bezugsperson sie am anderen Ende der Glasplatte dazu ermutigte. In einem Experiment wagten sich drei Viertel der Kinder über die vermeintliche Klippe, wenn ihre Mutter ihnen zulächelte. Wirkten diese aber ängstlich, blieben die Kleinen ausnahmslos auf der »sicheren« Seite.
Verlässt man sich wie die Kinder im Experiment auf eine andere Person, geht man jedes Mal ein Risiko ein. Es besteht schließlich immer die Möglichkeit, dass man vom anderen enttäuscht wird. Menschen unterscheiden sich darin, wie schnell und wie sehr sie anderen vertrauen. Die Grundlage dafür wird wahrscheinlich bereits in der frühesten Kindheit angelegt ...
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