Editorial: Was folgt auf den Marsch?
Am 22. April wurde weltweit für Wissenschaft demonstriert. In Deutschland schlossen sich wohl bis zu 40 000 Menschen in rund 20 Städten dem "March for Science" an. Ein einmaliges Ereignis in der Wissenschaftsgeschichte! Doch was trieb die Marschierenden auf die Straße? War es Ärger über die Wissenschaftspolitik von Donald Trump? War es die Sorge um den Stellenwert von Argument und Evidenz in gesellschaftlichen Debatten? Oder wollten die Demonstranten schlicht ihre Begeisterung für Forschung artikulieren?
Eine Befragung unter 340 Teilnehmern am deutschen "Marsch für die Wissenschaft", die ich mit initiiert habe, liefert Hinweise auf Antworten. Ganz vorn bei den Motiven rangierten Ziele wie "Ich möchte, dass wissenschaftliche Evidenz in Debatten und bei politischen Entscheidungen mehr Gehör findet" und "Ich möchte populistischen Strömungen in unserer Gesellschaft entgegentreten". Die Zustimmungswerte in der Stichprobe lagen hier bei mehr als 90 Prozent. Einen konkreten Protest gegen die US-Regierung gab hingegen nur etwa jeder zweite Befragte als Beweggrund an; weit davor standen noch Ziele wie mehr Menschen außerhalb der Forschung mit Wissenschaft vertraut zu machen oder die eigene Leidenschaft für Forschung auszudrücken. Gefragt wurde zudem, ob das Vertrauen der Bürger in die Wissenschaft schwindet. Mehr als 40 Prozent stimmten dieser Diagnose zu; dagegen hielten weniger als 20 Prozent. Sämtliche Ergebnisse finden Sie auf www.wissenschaftskommunikation.de/science-march-deutschland-wer-marschiert-da-und-wofuer-4487.
Die zentrale Frage lautet nun, was auf den "March for Science" folgt. Mit ihm hat man sich – in immer noch recht überschaubaren, meist regionalen Zirkeln – einmal der gemeinsamen Wertschätzung für Wissenschaft vergewissert. Und weiter? Ich werte den "Marsch" als Ausdrucksmittel, dem weitere Kommunikation folgen muss. Wir brauchen mehr Forscherinnen und Forscher, die sich mit Namen und Gesicht auch jenen Teilen der Bevölkerung zuwenden, die Forschung und Bildung gegenüber eine agnostische oder skeptische Haltung einnehmen. Und die Kommunikation muss sich aus dem einseitigen Verkündigungsmodus befreien. Wer reden will, muss auch bereit sein zuzuhören!
Herzlich grüßt Ihr
Carsten Könneker
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