News: Ab zum alten Eisen
Damit dies nicht geschieht, arbeitet eine ganze Proteinfamilie als Markierungsarbeiter und hängt den abzubauenden Proteinen kleine Fähnchen – in Form des kleinen Proteins Ubiquitin – an. Das Anheften wirkt als Startsignal für den Abbauprozess: Die proteolytische Maschinerie beginnt, die mit Ubiquitin markierten Proteine in kleine Stücke zu kauen und letztendlich restlos abzubauen. Vom ursprünglichen Protein bleiben nur die Aminosäuren, die sich ideal zum Aufbau neuer Helferchen eignen.
Eine neue Facette der Signalgebung entdeckten nun Robert Duranio und seine Kollegen von der University of North Carolina in den Taufliegen Drosophila melanogaster, als sie einen Enzymkomplex namens SCF näher untersuchten. Dessen Rolle offenbarte sich, als die Molekularbiologen der Teilung von Zellen mit funktionslosem Proteinkomplex zuschauten. Statt dann in ihrer Zellteilung inne zu halten, wenn es die Situation erfordert, legten die Zellen keinen Stopp in ihrer Vermehrung ein. Für sie stand die Ampel permanent auf grün. Wie Duranio die Grundlage des ungehemmten Wachstums beschreibt: "Sie hatten ein chronisches Go-Signal".
Nachdem die Molekularbiologen die Wirkung des SCF-Komplexes in der lebenden Zelle beobachtet hatten, wollten sie auch den dahinter liegenden Mechanismus knacken. Sie stellten sich die Frage, wie der Protein-Komplex die Sortierung der abzubauenden Zellbestandteile regulieren kann? Bisher hatte man eine der vielen Bestandteile von SCF in Verdacht, das Go-Signal über ein spezielles Enzym zu erkennen und umzusetzen. Nun scheint es so, als ob ein zweites Molekül ebenso dazu in der Lage wäre – das so genannte RING-Finger-Protein. Erstaunlicherweise überschneiden sich beide Bestandteile der Zellmaschinerie nicht in ihren Aufgabenfeldern, obwohl sie sich in ihrem Aufbau aufs Haar gleichen. Trotzdem erkennt und markiert jedes der Proteine ein spezielles Sammelsurium an abzubauenden Zellkomponenten.
Für die sich ständig teilenden Zellen bedeutet dies natürlich einen enormen Wachstumsvorteil, der aber nicht gesund ist, sondern im Gegenteil als Grundlage für die Tumorentstehung angesehen wird. Die aus dem Ruder gelaufenen Zellen drohen nun damit, sich zu Krebszellen zu entwickeln. Wegen dieser Verwicklung in Gesundheit und Erkrankung interessieren sich die Forscher so für die Regulation der zellulären Müllabfuhr. Kennt man die genauen Wege, über welche die Zellen ihre "Altlasten" entsorgen und dadurch Zellteilung und -wachstum aufs empfindlichste steuern, könnten sich neue Behandlungsmöglichkeiten bei der Tumorforschung eröffnen.
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