News: Abschied unter Beobachtung
Nach knapp zwei Jahren ist das Forschungsprojekt beendet, in das 16 Studierende der Universität Würzburg und acht Studierende der Universität München einbezogen waren. Es ging darum, den Prozeß der Ausgliederung aus den 16 Bezirkskrankenhäusern und das weitere Schicksal der Menschen zu dokumentieren.
Von den rund 600 Betroffenen konnten 338 durch Kurzfragebögen erfaßt werden. 22 davon waren zum Abschluß der Erhebungen noch in den Bezirkskrankenhäusern, 100 (rund ein Drittel) wurden in Pflegeheime auf dem Klinikgelände verlegt. Diese werden als eigenständige Einheiten geführt, erhielten eine Heimleitung und unterstehen nicht mehr der Klinikleitung. Sie sind überwiegend als Übergangslösung gedacht, teilweise ist der Umzug in andere Einrichtungen geplant oder wird bereits durchgeführt.
Die Enthospitalisierung erfolgte vor allem gruppenweise (71 Prozent); Wahlmöglichkeiten bestanden für die Bewohner kaum. Prof. Straßmeier: "Die Ausgliederung hätte mehr auf den Einzelnen abgestimmt werden müssen, doch sind hier häufig institutionelle Grenzen gesetzt: Ein Wohnpflegeheim hat beispielsweise keinen Werkstatt-Platz zu bieten, was für einige Bewohner als mittelfristige Lösung aber durchaus denkbar wäre. Hier liegt der Vorzug größerer Einrichtungen, die zwar flexiblere Lösungen bieten, bei der Enthospitalisierung häufig aber nicht berücksichtigt wurden."
Bei den aufnehmenden Einrichtungen handelt es sich überwiegend um Pflege- und Wohnpflegeheime. Träger sind zu einem Viertel die Kommunen und fast ebenso häufig die Caritas. Ein Drittel jedoch wird von privat-gewerblichen Institutionen getragen, deren Konzepte so unterschiedlich sind, daß man sie kaum als Gruppe zusammenfassen kann.
Verbessert hat sich Prof. Straßmeier zufolge die räumliche Situation: Gegenüber der Unterbringung in Mehrbettzimmern werden nun überwiegend Zwei- und Einbettzimmer angeboten, Dreibettzimmer aber immerhin noch zu 23 Prozent. Es gebe nun auch zusätzliche Räume für Therapie und Gruppenaktivitäten, so daß sich die Situation gegenüber derjenigen in den Bezirkskrankenhäusern in den meisten Fällen verbessert habe. Die personelle Situation aber sei zum Teil sogar schlechter geworden, wie der wissenschaftlichen Begleituntersuchung zu entnehmen ist.
Diese bemängelt auch den "sehr engen zeitlichen Rahmen" der Enthospitalisierung. Bezüglich der Leitlinien für die Ausgliederung in Bayern hätten die Erfahrungen anderer Bundesländer herangezogen werden sollen, um Anhaltspunkte für die Suche nach geeigneten Trägern, eine angemessene Vorbereitung und den Aufbau einer regionalen Versorgungsstruktur zu gewinnen. Andererseits sei die Enthospitalisierung von vielen Beteiligten mit so großem Engagement betrieben worden, daß selbst unter wenig günstigen strukturellen Bedingungen teilweise eine deutliche Verbesserung der Lebenssituation für die Betroffenen erreicht werden konnte.
Das Fazit, das die Würzburger Wissenschaftler in ihrem ausführlichen Bericht ziehen: Die Enthospitalisierung der Menschen mit geistiger Behinderung aus den Bezirkskrankenhäusern Bayerns scheine zumindest teilweise gelungen zu sein. Vielfach sei sie "in halbherzigen Lösungen" steckengeblieben, in manchen Fällen sogar gescheitert. Wegen der strukturellen Umwälzungen im Bereich der Finanzierung seien fundierte Konzepte häufig auf der Strecke geblieben, und so gebe es noch sehr viele Probleme zu bewältigen. Einige mögliche Lösungen dafür schlagen der Wissenschaftler in ihrer Untersuchung vor.
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