Supernovae: Frühe Sterne - Archäologie im Universum
Forscher um den japanischen Astronomen Wako Aoki vom National Astronomical Observatory of Japan untersuchten die chemische Zusammensetzung eines sehr metallarmen Sterns und stießen dabei auf eine einzigartige Signatur. Der Stern mit dem Katalognamen SDSS J001820.5-093939.2 (SDSS J0018-0939) ist ein verhältnismäßig kühler Hauptreihenstern mit einer Temperatur von weniger als 4600 Grad Celsius und rund einer halben Sonnenmasse. Der rund 1000 Lichtjahre entfernte Himmelskörper wurde im Rahmen einer Himmelsdurchmusterung – dem Sloan Digital Sky Survey – entdeckt. Mit Hilfe des Teleskops Subaru auf Hawaii zeichneten die Wissenschaftler hoch aufgelöste Spektren auf und bestimmten die Häufigkeiten von 13 verschiedenen Elementen. Dabei stellten sie fest, dass sich die chemische Signatur des Sterns erheblich von denen anderer Sterne ähnlicher Metallizität unterschied. Insbesondere zeigte sich, dass in dem Stern sowohl leichtere Elemente wie Kohlenstoff und Magnesium, aber auch schwere Strontium- und Bariumkerne im Verhältnis zu Eisen einzigartig selten sind.
Das frühe Universum enthielt keine schweren Elemente. Diese sind Produkte von Kernfusionsprozessen in Sternen und wurden dem Kosmos erst durch Supernova-Explosionen, die den Sternentod massereicher Sterne begleiten, zugeführt. Erst danach standen sie für die Bildung neuer Sterne zur Verfügung. Mit Hilfe von Modellrechnungen ist es möglich, die resultierenden Mischverhältnisse von Elementen in Sternen späterer Generationen zu simulieren. Die Elementhäufigkeiten von SDSS J0018-0939 passen jedoch nicht zu den Vorstellungen über einen typischen Kernkollaps eines alten Sterns. Vielmehr spricht die gefundene Signatur für die Anreicherung durch ein einzelnes, besonderes Ereignis: einer so genannten Paarinstabilitätssupernova. Theoretiker sagen voraus, dass eine solche bei sehr massereichen Sternen mit mehr als rund 100 Sonnenmassen und geringen Gehalten an Elementen, die schwerer als Helium sind, dazu führen kann, dass der Stern in seiner Gesamtheit zerrissen wird. Während der Endphase des Heliumbrennens in ihrem Kern führen hohe Dichten und Temperaturen zu Energien, bei denen sich Photonen, die zu einer gewissen Stabilisierung des Körpers beitragen, in Elektron-Positron-Paare umwandeln können. Wegen des fehlenden Strahlungsdrucks fällt dann der Stern unkontrolliert in sich zusammen. Die dabei explosionsartig einsetzenden Fusionsprozesse können den Körper vollständig zerreißen, so dass kein Kern zurückbleibt.
Die Masse des Heliumkerns der Sterne bei dieser Art des Kollapses ist für die Produktion von schweren Elementen während des Vorgangs entscheidend. Rechnungen zeigen, dass ein Heliumkern von rund 130 Sonnenmassen eine Signatur erzeugen könnte, wie sie bei SDSS J0018-0939 festgestellt wurde. Trotz einiger Unsicherheiten gehen die Forscher davon aus, dass die Elementhäufigkeit des Sterns ein Indiz für eine solche Paarinstabilitätssupernova sein könnte. Eine solche galt lange Zeit als rein spekulativ, weil sich Astronomen nicht sicher sind, wie häufig Sterne mit mehr als 100 Sonnenmassen entstanden. Viele Simulationen zeigen, dass Fragmentierungsprozesse während der Entstehungsphase sowie ein hoher Strahlungsdruck die Bildung sehr massereicher Sterne verhindern können. In der jüngeren Vergangenheit gab es jedoch bereits erste Hinweise auf diese spezielle Art von Supernovae. Sie setzen rund 100 Mal mehr Energie frei als gewöhnliche Sternexplosionen und unterscheiden sich außerdem etwas im zeitlichen Verlauf ihrer Abstrahlung. Zukünftige direkte Nachweise wären wichtig, um die Mechanismen bei der Entstehung extrem massereicher Sterne besser zu verstehen. Des Weiteren könnten sie dabei helfen, abzuschätzen, wie häufig solche im frühen Kosmos vorkamen und wie sie zur Strukturbildung und Elementanreicherung beitrugen.
Schreiben Sie uns!
1 Beitrag anzeigen