News: Auf Maserns Pfaden
Doch harmlos sind die Viren aus der Familie der Paramyxoviridae leider nicht. Nachdem sie über die Schleimhäute der Atemwege oder der Bindehaut des Auges Einlass gefunden haben, befallen sie am liebsten Zellen des Immun- und Nervensystems. Komplikationen sind recht häufig. Sie können durch das Virus selbst hervorgerufen sein, wie Lungenentzündung, Hirnhautentzündung oder eine akute Blinddarmentzündung, oder durch begleitende bakterielle Infektionen. Bevor im Jahre 1967 ein Impfstoff vorgestellt wurde, kostete die Infektion viele Menschen das Leben. Und in der dritten Welt sterben heute noch mehr als eine Million Infizierte an Masern.
Da Masern so ansteckend sind und die Epidemien periodisch auftraten, begann in der Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts ihre Meldepflicht. Und so traf in Großbritannien seit 1944 wöchentlich der landesweite Masernstand an einer Sammelstelle ein. Ottar Bjornstad, Bryan Grenfell und Jens Kappey von der University of Cambridge kam dieses Sammelregister sehr gelegen, als sie die räumliche Abhängigkeit der Infektion untersuchten. Ist der Umfang einer städtischen Epidemie vom Umland abhängig, fragten sie sich.
Nach Auswertung der Daten offenbarten sich die vorherrschenden Ausbreitungswellen, die besonders London, die umgebenden Regionen und industrielle Zentren des Nordwesten betrafen. Interessanterweise rollte die Masernwelle nicht von London los, sondern erreichte vier bis sechs Wochen vor der Großstadt den ländlichen Nordwesten, wobei sie sich von Liverpool und Manchester in Richtung Norden zog. Wie die Forscher beobachten konnten, korrespondierten die Epidemien mit dem Schuljahr. So bewegte sich die Infektion mit einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von fünf Kilometern pro Woche von Städten ins Umland, möglicherweise im Gepäck von angesteckten Schulkindern auf dem Weg zu ihren Familien.
Die Forscher hoffen, mit ihren Ergebnissen das Eindämmen von sich rasant ausbreitenden Infektionskrankheiten besser vorhersagen zu können. In den momentanen Zeiten, da die Angst vor einem biologischen Angriff nahezu greifbar in der Luft schwebt, und tierische Seuchen wie die Maul-und Klauenseuche noch frisch im Gedächtnis sind, ist das Verständnis von der infektiösen Dynamik ein wichtiges Anliegen geworden.
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