News: Auge um Auge, Zapfen um Zapfen
Bei der Erbkrankheit Retinitis Pigmentosa sterben die Stäbchen nach und nach ab. Dadurch schränkt sich das Gesichtsfeld schleichend von den Rändern her ein, bis nur noch ein Tunnelblick übrig bleibt. Die Betroffenen können sich immer schlechter bei Dunkelheit orientieren und werden schließlich nachtblind. Rätselhafterweise fallen im Laufe von mehreren Jahrzehnten auch die genetisch gesunden Zapfen aus. Völlige Erblindung ist die tragische Folge.
Wissenschaftler des Duke University Medical Center haben jetzt die Krankheit an transgenen Schweinen näher untersucht (Nature Neuroscience vom November 2000). Nach dem Absterben der Stäbchen bleiben die sich ihnen anschließenden Bipolarzellen intakt. Sie suchen sich daraufhin neue Kommunikationspartner. "Da sie nicht mehr mit Stäbchen kommunizieren können, machen sie das Beste aus ihrer Situation: Sie verknüpfen sich mit Zapfen", erklärt der Neurobiologe You-Wei Peng.
Diese Verknüpfung ist jedoch zweischneidig: Einerseits hält sie für einen längeren Zeitraum die Sehfähigkeit aufrecht. Andererseits erhalten die Zapfen jetzt für sie ungeeignete Signale – und das führt zu ihrem allmählichen Absterben.
Der Arbeitsgruppenleiter Fulton Wong erhofft sich mit den neuen Erkenntnissen ein besseres Verständnis für die Funktion neuronaler Netzwerke: "In jedem Netzwerk ist es wichtig zu wissen, wie die verschiedenen Zelltypen reagieren, wenn ein Typ geschädigt ist oder stirbt." Für die Behandlung von retinalen Erkrankungen zieht er wichtige Schlussfolgerungen: "Obwohl viele verschiedene Mutationen die Krankheit auslösen, zeigen unsere Daten, dass es einen allgemeinen 'Abwärts-Mechanismus' gibt. Die Untersuchung der späteren Prozesse im Krankheitsverlauf scheint lohnender zu sein als die der einzelnen Genmutationen."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 5.7.2000
"Augenprothese für Blinde"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 16.12.1999
"Sehen auf neuen Wegen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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