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News: Bereitschaft zum Ehrenamt nimmt zu

Von einer Krise des Ehrenamts kann keine Rede sein, die Bereitschaft zum ehrenamtlichen Engagement nimmt in Deutschland vielmehr zu. Das zeigt eine internationale Studie zum 'Non-Profit-Sektor', an der eine münstersche Politikwissenschaftlerin beteiligt ist.
Flexibilität statt Verwaltung, Gemeinnützigkeit statt Gewinnmaximierung sind Schlagworte, mit denen ein altbekanntes, aber lange vernachlässigtes Phänomen beschrieben werden kann: der Nonprofit-Sektor. Zwischen Staat und Privatwirtschaft angesiedelt, finden sich in diesem Bereich so unterschiedliche Organisationen wie die Caritas, Sportvereine oder Umweltgruppen. Der Nonprofit-Sektor ist Gegenstand einer Studie der amerikanischen Johns Hopkins University, an der sich weltweit rund 150 Wissenschaftler beteiligen. Annette Zimmer vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Münster hat gemeinsam mit Eckhard Priller vom Wissenschaftszentrum Berlin die zweite Phase der deutschen Teilstudie von 1995 bis 1999 geleitet, berichtet die neue Ausgabe der "muz – Münsters Universitäts-Zeitung".

Das Projekt untersuchte drei verschiedene Ebenen: die Bedeutung des gemeinnützigen Bereiches für die Volkswirtschaft, die Mitarbeiter- und Finanzstrukturen der Organisationen und das Spendenverhalten und ehrenamtliche Engagement der Bevölkerung.

Die Ergebnisse, die kürzlich bei einem Kongreß in Berlin vorgestellt wurden, bestätigen die zunehmende Bedeutung des Sektors, der rund fünf Prozent der Gesamtbeschäftigung in Deutschland ausmacht. Insgesamt beliefen sich die Ausgaben seiner Organisationen 1995 auf rund 135 Milliarden Mark – ein nicht unbedeutender Wirtschaftsfaktor. "Im Nonprofit-Sektor wurden in den 90er Jahren mehr Arbeitsplätze geschaffen als im öffentlichen Sektor abgebaut wurden", so Zimmer. Doch sie warnt davor, den Nonprofit-Sektor als Jobmaschine zu betrachten. Gerade in beschäftigungsintensiven Bereichen, wie etwa im Gesundheitswesen oder bei Bildung und Forschung, rechnen die Organisationen in den kommenden Jahren mit Beschäftigungseinbußen. Dagegen blickt man bei den sogenannten "Fun-Industries", etwa im Sport, sehr positiv in die Zukunft und rechnet mit Zunahmen bei der Beschäftigung, wie die Befragung der Organisationen ergab.

Im internationalen Vergleich wird Deutschland durch einige Besonderheiten charakterisiert: So spielt hier das Bildungswesen im Nonprofit-Sektor kaum eine Rolle, weil es staatlich dominiert ist. Und auch in der Finanzierung weicht Deutschland vom Trend ab: Ist schon im internationalen Schnitt der Anteil von Spenden mit elf Prozent niedrig, so liegt er in Deutschland mit drei Prozent deutlich darunter. Während im Durchschnitt der 22 Länder Einnahmen aus wirtschaftlicher Tätigkeit – sprich Gebühren – den größten Anteil an der Finanzierung des Sektors haben, sind es in Deutschland Leistungsentgelte der Sozialversicherungen sowie direkte und indirekte Zuwendungen der öffentlichen Hand. Dies ist vor allem auf die starke Stellung der Wohlfahrtsverbände im Gesundheitswesen und den sozialen Diensten zurückzuführen.

Entgegen der weitverbreiteten Auffassung von einer "Krise des Ehrenamtes" kommt das Johns-Hopkins-Projekt zu einem anderen Ergebnis: Weltweit läßt sich ein zunehmendes Interesse an ehrenamtlichem Engagement und freiwilliger Tätigkeit feststellen. Noch sind die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage unter rund 2 200 Personen in Deutschland nicht vollständig ausgewertet, doch die Tendenzen sind eindeutig: Die Bereitschaft, ehrenamtlich zu arbeiten, nimmt zu! In den alten Bundesländern sind es inzwischen 17 Prozent, in den neuen elf Prozent der Bevölkerung. Am attraktivsten ist hier der Bereich Sport und Freizeit. Gefragt nach der Motivation, gab die überwiegende Mehrheit an: "Weil es Spaß macht!". Und das Potential an ehrenamtlichem Engagement ist längst noch nicht ausgeschöpft. Nach den Ergebnissen der Studie ist der meist genannte Grund, warum man sich bislang nicht engagiert: "Weil man nicht gefragt wurde."

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