News: Buchstabenverwechslungen frühzeitig vorbeugen
Die Jenaer Erziehungswissenschaftler bewiesen ihre Verwechslungshypothese mit einem leicht nachvollziehbaren, computergestützten Experiment. "Wir haben japanische Schriftzeichen benutzt, um das Lesen lernen mit erwachsenen Versuchspersonen zu simulieren", erklärt Brunner. "Unter den Schriftzeichen befanden sich einige, die anderen zum Verwechseln ähnlich sehen." Die Testpersonen – deutsche Studierende – sollten sich mehrere Schriftzeichen einprägen, hatten dazu aber unterschiedlich wenig Zeit. Das Ergebnis des Tests fiel entsprechend differenziert aus: Während sich einige Studierende fast alle Zeichen merken konnten, behielten andere nur etwa die Hälfte, eine dritte Gruppe versagte – wie vermutet – völlig.
Im zweiten Teil des Experiments wurden auf einem Bildschirm Wörter angezeigt, die aus den zuvor gelernten Silben bestanden. Die Testpersonen mußten diese Wörter auswendig lernen. Die Jenaer Forscher erwarteten, daß vor allem die "Halblerner" Wörter mit ähnlichen Silben miteinander verwechseln würden, da sie sich zwar etliche Zeichen aus dem ersten Teil des Experiments merken konnten, allerdings nicht verwechslungssicher. Das entspricht der Situation der Nachzügler in der Schule, die das anfängliche Verwechseln von Buchstaben aus Zeitmangel nicht haben überwinden können. Der Versuch bestätigte die Ausgangshypothese: "Die Intensität des Silbenlernens beeinflußte in unserem Experiment maßgeblich das Ergebnis des Wortlernens", resümiert Brunner.
Als Konsequenz aus diesen Untersuchungen ergibt sich für die Schulpraxis, daß vorbeugende Maßnahmen bereits im Vorschulalter einsetzen sollten. "Mit auffälligen Vorschulkindern und Erstkläßlern sollten Konzentrationsübungen und Übungen zur Unterscheidung verwechselbarer Buchstaben beziehungsweise anderer leicht verwechselbarer Zeichen gemacht werden", schlägt Brunner vor.
Sein Lehrstuhl bietet Lehrern und Eltern betroffener Kinder Unterstützung bei der Bekämpfung von Lernstörungen und Schulversagen an. Dafür wurde eigens eine Informations- und Anlaufstelle am Jenaer Institut gegründet. "Daß ein Bedarf nach solchen Projekten besteht", so Brunner, "zeigt die hohe Zahl der Ratsuchenden".
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 29.10.1998
"Buchstabensalat und Wörtersuppe"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 1/97, Seite 30
"Legasthenie gestörte Lautverarbeitung"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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