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News: Das neue Bild des Mars

Je mehr wir über derzeitige geologische und atmosphärische Vorgänge auf dem Mars lernen, umso schwieriger wird es, etwas über die frühen Phasen in der Entwicklung der erdähnlichen Planeten zu erfahren. Dieses Fazit ergibt sich bei der bisherigen Auswertung der neuen Bilder der Mars Orbiter Camera. In bislang ungekannter Auflösung zeigen diese Bilder einen 'springlebendigen' Mars, der gar nicht so ursprünglich und unberührt ist, wie bisher angenommen wurde.
Die Marssonde Global Surveyor, welche die Mars Orbiter Camera (MOC) trägt, wurde am 7. November 1996 gestartet und befindet sich seit September 1997 in einer Umlaufbahn um den Roten Planeten. Derzeit umrundet sie Mars in 118 Minuten und liefert Bilder, deren Auflösung bis zu fünfzigmal höher ist als bei den Aufnahmen der Viking-Sonden. Im März diesen Jahres beginnt die Kartographierungsphase ihrer Mission. 687 Tage wird Mars Global Surveyor dann in einer Durchschnittshöhe von 378 Kilometern kontinuierlich wissenschaftliche Daten liefern.

Gleich in vier Berichten haben Wissenschaftler um Michael C. Malin von Malin Space Science Systems in San Diego ihre aktuellen Ergebnisse und Überlegungen in Nature vom 18. Februar 1999 präsentiert. Zusammengenommen liefern diese ein Bild davon, wie vulkanische Aktivitäten, Wasser und Sanddünen die Oberfläche des Roten Planeten geformt haben – und teilweise immer noch formen.

Auch wenn der Mars sehr viel kleiner als die Erde ist und nur ein Zehntel ihrer Masse besitzt, so beherbergt er doch einige der spektakulärsten geologischen Formationen im Sonnensystem. Wie etwa die Tharsis-Hochebene, die vier gewaltige Vulkane trägt, von denen Olympus Mons der größte bekannte Vulkan in unserem Sonnensystem überhaupt ist. Oder das östlich von Tharsis gelegene Canyon-System Valles Marineris, eine 4000 Kilometer lange Furche, die den Grand Canyon wie einen kleinen Kratzer erscheinen läßt. Unter anderem auf diese Regionen hat die MOC einen genaueren Blick geworfen. Dabei ermöglicht es die Auflösung von vier Metern pro Pixel, wichtige Fragen nach der Entwicklung des Mars zu stellen.

Die Evolution der Marsoberfläche

Eine davon ist die Frage nach dem Alter der Oberfläche. Hat sich diese seit der Zeit des heftigen Metoritenbombardments vor etwa vier Milliarden Jahren im großen und ganzen kaum verändert – wie es etwa bei unserm Mond der Fall ist? Oder wurde die Oberfläche infolge von Erosion durch Wind und Wasser langsam geformt? Es scheint, daß der Mars hier eine Mittelstellung zwischen dem toten Mond und der lebhaften Erde einnimmt. Die neuen Erkenntnisse weisen darauf hin, daß es durchaus nicht einfach festzustellen sein wird, wie sich die Marsoberfläche mit der Zeit entwickelt hat. Das ist jedoch notwendig, um Rückschlüsse auf die Aktivitäten im Inneren des Planeten (zum Beispiel in Bezug auf die Häufigkeit von Vulkanenausbrüchen oder von Erdbeben) ziehen zu können. Auch Prozesse, die die Oberfläche von außen verändern, wie Einschläge von Meteoriten, sind dabei von besonderem Interesse.

Eigentlich ließe sich etwas über die zeitlichen Veränderungen der Marsoberfläche aussagen, indem man das Alter jedes Teils der Oberfläche feststellt und in einer Karte des Mars einträgt. Ein Farbcode stellt dabei die verschiedenen zeitlichen Bereiche dar. Doch anders als auf der Erde, wo der Zugriff auf die Oberfläche meist relativ einfach ist, können die Wissenschaftler beim Mars nur auf Bilder und nicht etwa auf so wirkungsvolle Techniken wie die Altersbestimmung mittels radioaktiven Zerfalls zurückgreifen. So konzentrieren sich die Planetologen auf ein beherrschendes Merkmal der meisten Oberflächen erdähnlicher Planeten und ihrer Monde: die Krater. Deren Verteilung und Größe kann Aufschlüsse über das Alter einer Region liefern. Solange man jedoch nur wenig über die Arten der Oberflächenänderungen nach der Kraterbildung weiß, bleibt eine große Unsicherheit bei den den Abschätzungen. Die Mars Orbiter Camera ermöglicht es den Planetologen endlich, einen besseren Einblick in die Vorgänge auf der Oberfläche und in der Atmosphäre zu gewinnen. Bisherige Aufnahmen boten dazu nicht die nötige Detailgenauigkeit.

Vulkanismus und Wasser auf dem Mars

Auf der Tharsis-Ebene befindet sich die Caldera – eine beckenartige Struktur, die durch Explosion oder Einbruch einer Magmakammer entsteht – des Vulkans Arsia Mons, der sich dreimal so hoch über die mittlere Höhe des Mars erstreckt wie der Mount Everest über den Meeresspiegel. Die MOC-Aufnahmen enthüllen eine fast kraterlose Oberfläche, die darauf schließen läßt, daß der Vulkan vor etwa vierzig Millionen Jahren aufgehört hat aktiv zu sein. Damit ist seine Caldera eine der jüngsten Oberflächenregionen auf dem Mars und läßt es möglich erscheinen, daß der Planet auch heute noch vulkanisch aktive Bereiche besitzt.

Die aktuellen Bilder enthüllen aber nicht nur Neues in den Höhen, sondern gewähren auch überraschende Blicke in die Tiefe. In den kliffartigen Wänden des Valles Marineris zeigte sich eine bis zu acht Kilometer tiefe Folge von geschichteten Gesteinen. Dies ist völlig unerwartet, da sich die Oberfläche des Planeten ungeordnet und zerbrochen darbieten müßte, wenn sie seit dem heftigen Meteoritenbombardement unverändert geblieben wäre. Vieles deutet nun darauf hin, daß die Schichten vulkanischen Ursprungs sind, vergleichbar den "Flutbasalten" in einigen Gebieten der Erde, die eine Folge massiver vulkanischer Aktivitäten zu verschiedenen geologischen Zeitaltern sind. Allerdings könnte auch hier der heutige Anblick täuschen.

Zwar ist der Mars heutzutage ein kalter, trockener und staubiger Platz, aber trotzdem glauben einige Forscher, daß seine frühe Atmosphäre durchaus dick genug gewesen sein könnte, um ein feuchtes und warmes Klima zu beherbergen. Vulkane könnten dabei durch Ausstoß von Treibhausgasen zu diesen klimatischen Bedingungen beigetragen haben. Global Surveyor konnte bereits mehr als 3,5 Milliarden Jahre alte Spuren von Vulkanausbrüchen und fließender Wassermassen entdecken. Aber es war bislang nicht klar, ob Niederschläge oder Grundwasser die ausgeprägten Canyons auf dem Mars geformt haben.

Michael Carr vom U.S. Geological Survey in Menlo Park, Kalifornien, sieht es als erwiesen an, daß Wasser unterhalb der Oberfläche für die gewundenen Kanäle verantwortlich sind. Seiner Meinung nach hätten Regenfälle wesentlich mehr kleinere Nebenflüsse erzeugen müssen als von Surveyor bislang beobachtet wurden. Dieser Meinung ist auch Maria Zuber vom Massachusetts Institute of Technology, die jedoch Zweifel daran äußert, ob die einzelnen Schichten im Valles Marineris vulkanischen Ursprungs sind, da in Flüssen abgelagerte Sedimente ähnliche Muster hervorbringen können.

Wenn sich unterhalb der Marsoberfläche noch nennenswerte Wasservorräte in gefrorener Form befinden, könnten diese nach Ansicht des Planetologen Alfred McEwen von der University of Arizona in Tuscon durch eventuell vorhandene unterirdische Magmavorräte zum Schmelzen gebracht werden und damit auch in flüssiger Form vorliegen.

Wind und Dünen

Peter C. Thomas vom Center for Radiophysics and Space Research an der Cornell University und seine Kollegen haben Hunderte der hochaufgelösten Bilder der Mars Surveyor-Sonde analysiert, um mehr über das Wetter und die Winde auf dem Mars herauszufinden. Diese formen zum Beispiel Sanddünen, die eine bemerkenswerte Ähnlichkeit mit denen in Wüsten auf der Erde aufweisen. Dabei entdeckten die Forscher kleine hellere Sanddünen mit einer Ausdehnung von wenigen Kilometern, die vermutlich aus Sulfaten oder Gips bestehen. Daneben existieren größere Dünenfelder, deren Hauptbestandteil wahrscheinlich erodierte Lava ist. Das Vorliegen zweier so unterschiedlicher und klar getrennter Dünenbestandteile weist darauf hin, daß die Marsoberfläche keinesfalls völlig homogen ist, sondern geologisch durchaus vielfältig – ein weiterer Hinweis auf relativ junge Vorgänge.

Nur zu bestimmten Zeiten sind die Winde auf dem Mars in der dünnen Atmosphäre stark genug, um die Sandpartikel fortzubewegen. Dabei entfalten sie in bestimmten Jahreszeiten fast die Wirkung eines Sandstrahlgebläses, während sie zu anderen Zeiten überhaupt nicht wehen. Diese starken Unterschiede liegen in der exzentrischen Umlaufbahn des Mars um die Sonne begründet. Starke Winde treten vor allem dann auf, wenn der Planet am sonnennächsten ist. Eine weitere Ursache der großen jahreszeitlichen Abhängigkeit der atmosphärischen Aktivität ist der Einfluß der Polkappen. Ein Drittel der Atmosphäre entweicht nämlich aus dem dort vorliegendem Kohlendioxideis und sorgt ebenfalls für sehr starke, jahreszeitenabhängige Winde in eine bestimmte Richtung.

Die Bilder der Mars Orbiter Camera bestätigen die Ansicht, daß dynamische Prozesse den ursprünglichen Mars geformt haben. Gleichzeitig bestärken sie jedoch auch die Erkenntnis, daß dadurch viele Spuren der frühen Marsgeschichte verdeckt werden könnten, was Einblicke in die frühen klimatischen Bedingungen erschwert. Letztendlich wollen die Forscher durch einen Vergleich von Mars und Erde auch mehr über die Geschichte und weitere Entwicklung der Erde erfahren.

  • Quellen
NASA, Nature

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