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News: Den Launen des Erdmagnetfelds auf der Spur

Weit unter uns, sozusagen in den Eingeweiden der Erde, rumort etwas. Gewaltige Ströme heißen, flüssigen Eisens steigen und fallen langsam im äußeren Teil des Kerns unseres Planeten und erzeugen wie ein Dynamo ein Magnetfeld. Nach der Analyse neuer Daten verändern sich die magnetischen Verhältnisse des flüssigen äußeren und festen inneren Erdkerns unterschiedlich schnell und sorgen damit für Schwankungen des Erdmagnetfeldes. Dabei kommen etwa zehn größere Wanderungsbewegungen der Magnetpole auf eine vollständige Umpolung des Feldes.
In der Aprilausgabe des Geophysical Journal International beschreibt David Gubbins von der University of Leeds ein neues Szenario für physikalische Prozesse im Erdkern. Es erklärt das Muster vergangener Ereignisse, bei denen sich die Stärke und Richtung des Magnetfeldes der Erde, oder beide zugleich, dramatisch verändert haben.

Bestimmte Gesteine liefern Informationen über den Zustand des Erdmagnetfeldes. Aus diesen konnten Geophysiker schon vor geraumer Zeit schließen, daß sich die Magnetpole der Erde in der fernen Vergangenheit oft komplett umgekehrt haben. Die letzte Umpolung dieser Art fand vor 700 000 Jahren statt. Es gibt jedoch Hinweise für häufigere Episoden, in denen sich die Magnetpole ein großes Stück verschoben haben – 45 Grad oder mehr weg vom geographischen Pol – und dann zurückkehrten. Diese Ereignisse – Exkursionen genannt – können gewissermaßen als fehlgeschlagene Versuche einer Umpolung abgesehen werden. Dabei fällt die Stärke des Magnetfeldes ebenfalls dramatisch um einen Faktor von fünf oder zehn.

Gubbins hat nun neuere experimentelle Ergebnisse analysiert, insbesondere diejenigen einer Forschungsgruppe in Utrecht unter der Leitung von Cor Langereis, die eindeutig sechs relativ junge magnetische Exkursionen als Teil eines globalen Vorgangs identifiziert haben. Alle Exkursionen dauerten ungefähr gleich lang – etwa 5 000 Jahre. Außerdem haben noch nicht abgeschlossene Untersuchungen eines aktuellen Meeresbohrungsprogramms mehr als zwanzig Exkursionen nachgewiesen, die in nordatlantischen Sedimenten im selben Zeitraum festgehalten wurden. Auch wenn diese Ereignisse nicht weltweit korreliert sind, deuten die Sedimente eindeutig darauf hin, daß Exkursionen relativ häufig stattfinden. Nach Ansicht von Gubbins kommen ungefähr zehn Exkursionen auf jede volle Umkehr. Etwa alle zwanzig- bis fünfzigtausend Jahre bricht das Magnetfeld der Erde bei einer fehlgeschlagenen Polumkehrung zusammen. Innerhalb weniger tausend Jahre bildet es sich jedoch wieder neu.

Dieses Muster kann nach Gubbins dadurch erklärt werden, daß die magnetischen Veränderungen wesentlich länger brauchen, um im festen Kern wirksam zu werden als im äußeren flüssigen Kern. Im äußeren Kern verändert sich das Magnetfeld als Reaktion auf den Strom des flüssigen Eisens, der sich normalerweise zehn oder zwanzig km pro Jahr vorwärts bewegt. Allerdings durchdringt das Magnetfeld auch den festen inneren Kern. Hier finden Veränderungen viel langsamer statt, gesteuert durch die Wirkung des elektrischen Widerstands. Die charakteristische Zeitskala liegt hier eher im Bereich von 5 000 als 500 Jahren. Der Unterschied von Faktor zehn zwischen diesen beiden Zeiträumen erklärt, warum auf eine Umkehrung ungefähr zehn Exkursionen kommen.

In dem von Gubbins beschriebenen Szenario stellen Exkursionen eine Umkehr des Magnetfeldes im flüssigen äußeren Kern dar, die nur einige Jahrhunderte dauert. Dann setzt der viel langsamere Prozeß einer Veränderung im festen inneren Kern ein. In den meisten Fällen stellt der Dynamo im äußeren Kern jedoch das Magnetfeld dort wieder in seiner ursprünglichen Richtung her, bevor eine vollständige Umkehr im gesamten Kern erreicht werden kann. Der Zeitraum von 5 000 Jahren für magnetische Veränderungen im inneren Kern erklärt auch, warum keine Exkursionen identifiziert wurden, die länger als 5 000 Jahre dauerten, den solche enden mit einer völligen Umkehrung des Erdmagnetfelds.

Bisher sind diese Thesen weitgehend qualitativ. Die derzeit zur Verfügung stehenden Computer sind nicht leistungsfähig genug für die Art von Simulationen, die erforderlich sind, um die Eigenschaften des flüssigen Kerns der Erde mit allen erforderlichen Einzelheiten darzustellen. Gubbins hofft jedoch, daß die nächste Generation paralleler Supercomputer den Theoretikern schließlich helfen kann, die Rätsel der Magnetfeldumkehrungen der Erde zu erklären.

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