Evolution: Der Eisbär entstand erst kürzlich
Das Meereis schrumpft und bedroht womöglich das Überleben der Eisbären. Die weißen Raubtiere stehen deshalb auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohten Arten – sollten sie tatsächlich bald verschwinden, wäre es für die Polarbären ein kurzes Intermezzo auf der Erde gewesen. Denn wie Stephan Schuster von der Penn State University in University Park und seine Kollegen nun anhand alter Knochen festgelegt haben, spalteten sich die Eisbären (Ursus maritimus) erst vor rund 150 000 Jahren von den Braunbären ab – geologisch gesehen ein Wimpernschlag.
Bislang war die zeitliche Evolution der Eisbären relativ schwer zu schätzen, da nur sehr wenige Fossilien erhalten geblieben sind, erläutert Koautor Oystein Wiig von der Universität Oslo: "Da die Bären die meiste Zeit auf dem Eis leben, sinken ihre sterblichen Überreste meistens auf den Meeresboden oder werden von Aasfressern zersetzt. Ihre Knochen werden also nur selten in zugänglichen Sedimenten abgelagert." Im Jahr 2004 entdeckte ein isländischer Forscher auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen allerdings einen etwa 130 000 Jahre alten Eisbärenkiefer mit Zähnen – ein Sensationsfund.
Die enge Verwandtschaft zwischen beiden Spezies wird durch Hybride bezeugt, die im Zoo immer wieder aus der fruchtbaren Verbindung zwischen Braun- und Eisbären hervorgehen. 2006 erschoss ein Jäger in Kanada zudem einen wilden Mischling aus Grizzly und Eisbär, was Biologen bis dahin ausgeschlossen hatten, weil sich beide während der Paarungszeit eigentlich räumlich nicht in die Quere kommen. Mit den steigenden Temperaturen der letzten Jahre drangen Grizzlys jedoch weiter in das arktische Habitat ihrer weißen Vettern vor.
In der Vergangenheit kamen die Eisbären sehr gut mit Klimaveränderungen zurecht – etwa in der letzten Zwischeneiszeit, die insgesamt wärmer war als bislang die gegenwärtige Wärmephase. "Möglicherweise zogen sich die Eisbären in Refugien wie Spitzbergen zurück, wo sie noch geeignete Lebensräume vorfanden", vermutet Charlotte Lindqvist von der Penn State University. Allerdings, so gibt sie zu bedenken, schreite die Erwärmung heute schneller voran als damals, so dass die Eisbären diesmal womöglich nicht folgen könnten. Gegenwärtig leben rund 25 000 Eisbären in der Arktis. (dl)
Bislang war die zeitliche Evolution der Eisbären relativ schwer zu schätzen, da nur sehr wenige Fossilien erhalten geblieben sind, erläutert Koautor Oystein Wiig von der Universität Oslo: "Da die Bären die meiste Zeit auf dem Eis leben, sinken ihre sterblichen Überreste meistens auf den Meeresboden oder werden von Aasfressern zersetzt. Ihre Knochen werden also nur selten in zugänglichen Sedimenten abgelagert." Im Jahr 2004 entdeckte ein isländischer Forscher auf der norwegischen Inselgruppe Spitzbergen allerdings einen etwa 130 000 Jahre alten Eisbärenkiefer mit Zähnen – ein Sensationsfund.
Aus diesem Knochen ließen sich noch Gewebeproben gewinnen und daraus die komplette mitochondriale DNA des Fossils ermitteln – das "bislang älteste Mitochondrien-Genom eines Säugetiers", so Schuster: Das Ausgangsmaterial ist rund doppelt so alt wie beim bisherigen Rekordhalter, einem Mammut. Vergleichsproben von Braunbären aus Alaska, die schon zuvor als nächste Verwandten der Eisbären bekannt waren, zeigten dann, dass sich die Wege der beiden Arten im Mittleren Pleistozän trennten. Während des Jungpleistozäns entwickelten sich die Eisbären unter dem Druck der Eiszeiten rasch weiter und passten sich an das arktische Leben an: Sie sind nun ausdauernde Schwimmer, ernähren sich fast ausschließlich von Fleisch und besitzen unter dem weißen Fell eine schwarze Haut, die optimal die Sonnenstrahlung aufnimmt.
Die enge Verwandtschaft zwischen beiden Spezies wird durch Hybride bezeugt, die im Zoo immer wieder aus der fruchtbaren Verbindung zwischen Braun- und Eisbären hervorgehen. 2006 erschoss ein Jäger in Kanada zudem einen wilden Mischling aus Grizzly und Eisbär, was Biologen bis dahin ausgeschlossen hatten, weil sich beide während der Paarungszeit eigentlich räumlich nicht in die Quere kommen. Mit den steigenden Temperaturen der letzten Jahre drangen Grizzlys jedoch weiter in das arktische Habitat ihrer weißen Vettern vor.
In der Vergangenheit kamen die Eisbären sehr gut mit Klimaveränderungen zurecht – etwa in der letzten Zwischeneiszeit, die insgesamt wärmer war als bislang die gegenwärtige Wärmephase. "Möglicherweise zogen sich die Eisbären in Refugien wie Spitzbergen zurück, wo sie noch geeignete Lebensräume vorfanden", vermutet Charlotte Lindqvist von der Penn State University. Allerdings, so gibt sie zu bedenken, schreite die Erwärmung heute schneller voran als damals, so dass die Eisbären diesmal womöglich nicht folgen könnten. Gegenwärtig leben rund 25 000 Eisbären in der Arktis. (dl)
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