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News: Der Essensaufzug des Ozeans

Die offene See mag nicht so dicht mit Pflanzen und Tieren bevölkert sein wie die Landmassen der Kontinente. Aber eine trostlose Wasserwüste ist sie auch nicht. Mit einer Unterwasserkamera haben Wissenschaftler beobachtet, daß kleine Matten von Phytoplankton immer wieder in tiefe Schichten abtauchen, von wo sie den lebenswichtigen Stickstoff an die Oberfläche mitbringen.
Früher hielten Wissenschaftler den Ozean für eine biologische Wüste. Schichten unterschiedlicher Temperatur und Salzhaltigkeit in den oberen 100 Metern des Meeres bilden eine Barriere für Schwebstoffe. Sie können tiefer gelegene Nährstoffe daran hindern, nach oben in die Nähe der Oberfläche zu gelangen, wo es genügend Licht für die Photosynthese der Pflanzen gibt. In den 80er Jahren erkannten Meeresökologen dann, daß einige Nährstoffe die Oberfläche im Gepäck verfilzter Matten aus Tausenden von Kieselalgen erreichen – dem mikroskopisch kleinen Phytoplankton. Die Algen pendeln alle paar Tage aus den Tiefen des Meeres, wo sie sich mit Nährstoffen vollsaugen, in die von der Sonne beschienene Schicht. Forscher, die bis zu 20 Meter tief in den Pazifik und in andere Ozeane getaucht waren, hatten allerdings nur wenige dieser Matten mit Durchmessern zwischen einem und 30 Zentimetern gesichtet.

Seit kurzem beleuchteten nun die hellen Lichter einer "Plankton-Videokamera", die unter einem Boot angebracht ist, die Kieselalgenmatten bis zu einer tiefe von 150 Metern. Im Nordpazifik 1996 fand ein Team unter der Leitung von Tracy Villareal von der University of Texas in Austin zehnmal so viele Matten, wie früher in seichten Gewässern registriert worden waren. Anscheinend regulieren die Pflanzenzellen aktiv ihren Auftrieb, indem sie ihren Fettgehalt ändern. Mit dieser Methode ereichen sie Geschwindigkeiten von bis zu sechs Metern pro Stunde bei Auf- oder Abtauchen. An der Oberfläche angekommen, liefern die Kieselalgen nach Schätzung der Forscher bis zur Hälfte des Stickstoffs für das Wachstum anderer Meeresorganismen. Dieses geschieht in unregelmäßigen Schüben, so daß der Vorgang den Biologen zuvor verständlicherweise verborgen blieb. "Die Matten stellen ein lebendes Förderband dar, das Nährstoffe über die Schichten des offenen Meeres transportiert", bemerkt Teammitglied Cynthia Pilskaln von der University of Maine in Orono.

Die Arbeit trägt zum Wissen über Nährstoffkreisläufe im Meer bei. Möglicherweise gehören Kieselalgen und andere große Vertreter des Phytoplanktons zu den wichtigsten Lieferanten an der Basis der Nahrungspyramide. Sie sind jedoch vor allem im Nordpazifik verbreitet, woanders spielen sie vielleicht keine so große Rolle, meint Joel Goldman von der University of California in Santa Cruz.

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