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Und jetzt zum Wetter: Der Sommer gibt ein Gastspiel

Der unterkühlte Mai durchbricht die Folge zu warmer Monate. Nächste Woche dreht der Wind auf Süd und bringt einen sommerlichen Vorgeschmack.
Regenbogen

Das Wetter: Es wird besser

Ein Jahr ist es her, dass letztmals ein Monat kühler als der langjährige Durchschnitt ausfiel – und es war: der Mai. Seitdem lagen alle Monate über ihrem Mittelwert; seit Februar fielen sie sogar mehr als drei Grad Celsius zu warm aus. Doch der Mai 2014 wird diese Folge wohl nicht mehr fortsetzen: Er präsentiert sich bislang zu kalt, zu nass und zu sonnenscheinarm. Die Eisheiligen verschonten uns zwar weitest gehend mit Frost, doch die für sie typischen Wetterlagen mit nördlichen Windströmungen brachten dennoch kalte Luft arktischen Ursprungs bis nach Mitteleuropa. Vebreitet sanken deshalb die Thermometeranzeigen in den Keller.

Für Südosteuropa und Südösterreich brachte der Kaltluftvorstoß sogar heftige Unwetter durch das Sturmtief "Yvette": Die in der Atmosphäre hoch reichende Kaltluft schwappte über die Alpen bis ins Mittelmeer, wo sie auf feuchtwarme Subtropenluft traf. Sie verwirbelten kräftig und bildeten ein starkes Tief, das von der Adria auf den Balkan und später Richtung Österreich zog und ergiebigen Dauerregen brachte. Teilweise fielen innerhalb von 24 Stunden mehr als 100 Liter Niederschlag pro Quadratmeter. Mittlerweile hat es sich in abgeschwächter Form auf den Weg zu uns gemacht, wo vor allem der Osten und Südosten einigen Regen erwarten müssen. Doch das Tief hat auch sein Gutes, denn es bringt die Wärme zurück nach Deutschland.

Wetterkarte für den 19. Mai | Nächste Woche liegen wir eingekeilt zwischen zwei Drucksystemen, die uns einen Zustrom warmer Luft aus Süden bescheren. Es wird frühsommerlich warm.

Die Ursache: Eine Wetterumstellung naht

Zusammen mit einem Tiefdrucktrog auf dem Atlantik zwischen den britischen Inseln und den Azoren sorgt "Yvette" für eine neue Wetterumstellung, die die unterkühlte Phase seit Ende April beendet: Der Sommer gibt ab nächster Woche ein Gastspiel in Mitteleuropa. Westlich und östlich des Troges drängen als Ausgleich Hochdruckgebiete nach Norden, Deutschland liegt dabei auf der warmen Vorderseite dieser Tiefdruckrinne. Mit einer kräftigen Südströmung gelangt warme Luft in unsere Breiten, so dass die Temperaturen rasch ansteigen. Bis zu 28 Grad Celsius kann es nächsten Donnerstag warm werden. Ungetrübt scheint die Sonne allerdings nicht vom Himmel, denn in der feuchtwarmen Luft beginnt es bald zu brodeln und zu gewittern, selbst Hagel ist möglich – zu nahe liegt die kühle Luft an Mitteleuropa und sorgt für Störungen.

Die Folgen: Wachstumsschub für die Pflanzen

Endlich hat es zumindest regional wieder ausreichend geregnet, die ausgezehrten Bodenwasserspeicher wurden etwas aufgefüllt – auch wenn die Bodenwasserbilanz immer noch negativ ist. Mit der kommenden Wärme und dem begleitenden Regen dürften jedoch Erdbeeren und Spargel einen Wachstums- und Reifeschub bekommen.

Die Aussichten: Sommer bis Ende Mai – und darüber hinaus?

Viele Anzeichen in der Atmosphäre deuten daraufhin, dass die Weichen zumindest bis Ende Mai auf eine Fortdauer des warmen Wetters gestellt sind. So blockiert ein Hoch über Skandinavien mittelfristig das Tiefdrucksystem westlich der britischen Inseln und hält es draußen auf dem Atlantik. Das bedeutet, dass wir weiterhin auf der warmen Vorderseite des Trogs und im Zustrom warmer Mittelmeerluft bleiben. Die langjährige Erfahrung zeigt, dass diese Konstellation sich regelmäßig in eine Südwestwetterlage umwandelt: Das Azoren- verknüpft sich über Mitteleuropa hinweg mit dem Skandinavienhoch, was verschiedene Wettermodelle bis zum Monatsende hin auch simulieren (allerdings nicht nur mit reinem Sonnenschein, sondern auch mit Gewittern). Zudem zeigt die Statistik, dass Anfang Juni sehr häufig ein Hochdrucksystem über Mitteleuropa dominiert, das im weiteren Verlauf von Kaltluft aus dem Norden, der Schafkälte (dazu später mehr) verdrängt werden kann. Was bedeutet das für unseren Sommer? Laut dem Langfristmodell des Deutschen Wetterdienstes fällt der Sommer mit einer Wahrscheinlichkeit von 20 Prozent zu kalt, 41 Prozent normal und 39 Prozent zu warm aus: Die Wahrscheinlichkeit zu diesem Zeitpunkt ist also hoch, dass er normal bis zu warm wird. Die Zufallstrefferquote liegt bei 33 Prozent: Die Vorhersagen sind also zumindest schon etwas besser, als es eine reine Zufallsaussage wäre.

Regenbogen | In den nächsten Wochen können wir häufiger Regenbögen sehen. Denn das Wetter bleibt relativ dynamisch, und Regen und Sonne wechseln sich häufiger ab.

Immer wieder liest man im Zusammenhang mit der Schafkälte und dem Mai- beziehungsweise Juniwetter vom "europäischen Monsun", was mindestens irreführend ist. Denn Monsun bedeutet im eigentlichen Sinne eine Umkehr der Zirkulation, wie sie sich über Indien zwei Mal jährlich ereignet. Dort herrschen im Winter dauerhaft Nordostwinde, die trockene und kühle Luft aus dem Inneren Asiens und vom Tibetischen Hochland bringen. Im Sommer heizt sich dagegen das Festland stark auf, die innertropische Konvergenzzone beult weit nach Norden aus und saugt regelrecht feuchtwarme Luftmassen aus dem Indischen Ozean an. Diese Südwestpassate bringen dem Subkontinent dringend benötigten Regen.

In Europa hingegen soll auf einen warmen Mai ein kühler und feuchter Juni folgen: Das Land hatte sich im Mai stark aufgeheizt und zieht deshalb atlantische Luft an, die sich dann ergiebig abregnet. Dabei kehrt sich jedoch die Zirkulation nicht um, so dass dieses klassische Monsunmerkmal fehlt. Das grundlegende Muster wiederholt sich allerdings regelmäßig: Die Sonne erwärmt das Land stärker als das Meer, weshalb die Luft auf dem Kontinent aufsteigt: Es entsteht tieferer Luftdruck am Boden, während er über dem Atlantik relativ höher liegt. Die Ausgleichsbewegung bringt dann kühlere und feuchtere Luft mit. Dieser Prozess kann sich mehrmals wiederholen und sorgt für Singularitäten wie die Eisheiligen und die Schafkälte. Erst wenn sich im August und September die Temperaturunterschiede zwischen Land und Meer angleichen, desto größer wird die Chance auf dauerhaftes Hochdruckwetter ohne Wetterstürze – etwa im September mit dem berühmten Altweibersommer, einer weiteren Singularität.

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