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News: Der Thymus wird wieder aktiv

Heutzutage überleben AIDS-Patienten länger, aber die meisten erliegen schließlich Krankheitserregern, die dem HIV-geschwächten Immunsystem entgehen. Jetzt haben Wissenschaftler allerdings Hinweise gefunden, daß der Thymus - die Schule für Immunzellen - bei manchen Menschen reaktiviert werden kann. Möglicherweise kann der Körper die Produktion bestimmter Immunzellen wieder neu aufnehmen, nachdem die HI-Viren durch Medikamente zurückgedrängt wurden.
Immunzellen, genauer gesagt die T-Lymphozyten werden im Knochenmark erzeugt und dann im Thymus, einer kleinen Drüse am Halsansatz, auf den Einsatz gegen Krankheitserreger vorbereitet. Dieses Training beginnt vor der Geburt und findet bis zur Pubertät statt, dann verkümmert der Thymus und stellt seine Funktion ein – zumindest war das die bisherige Ansicht. Bis der Mensch das Erwachsenenalter erreicht, hat der Thymus genügend T-Zellen erzeugt, um mit den meisten mikrobiellen Eindringlingen, denen ein Mensch im Laufe seines Lebens wahrscheinlich begegnen könnte, fertigzuwerden. HIV attackiert und zerstört jedoch ausgerechnet T-Zellen, so daß infizierte Patienten keine Abwehrkräfte mehr gegen viele andere Krankheitserreger besitzen. Trotzdem haben einige Studien ergeben, daß Patienten, die sich neuen starken Antiviren-Therapien unterziehen, in der Lage sind, einige dieser Zellen zu regenerieren, sobald die Virenbelastung für eine ausreichend lange Zeit gesenkt wurde. Woher die neuen T-Zellen stammten, war zunächst ein Rätsel.

Um festzustelllen, ob der Thymus die Quelle dieser neuen T-Zellen sein könnte, haben der Immunologe Joseph McCune und seine Mitarbeiter am Gladstone Institute of Virology and Immunology in San Francisco die Thymusgröße von 99 HIV-positiven Patienten gemessen (Journal of Clinical Investigation vom 1. Juni 1998, Abstract). Das Team bediente sich der Computertomographie, die ein dreidimensionales Röngtenbild der inneren Organe erstellt. Ungefähr die Hälfte der Testpersonen besaßen erheblich mehr Thymusgewebe als HIV-negative Kontrollpersonen. Und noch wichtiger: Die Größe der Thymusdrüse einer Testperson war proportional zu der Konzentration von T-Zellen in ihrem Blut. Darin sehen die Autoren einen indirekten Beweise dafür, daß der Thymus funktionieren und diese Immunzellen freisetzen könnte.

Experten warnen jedoch, daß der Wiedererweckung des Thymusgewebes allein nicht beweist, daß die Drüse richtig funktioniert. Trotzdem sehen sie in den Ergebnissen "ein gutes Argument" für eine Revitalisierung der Thymusfunktion. "Offensichtlich versucht das Immunsystem mit aller Macht, die Zahl der T-Zellen zu erhöhen", folgert Mario Roederer, Immunologe an der Stanford University.

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