Botanik: Der vernetzte Baum
Eine 150 Jahre alte Eiche in Erlangen hat eine "Stimme" bekommen: Sie wurde mit modernsten Messgeräten ausgestattet, die über ihr Dasein berichten – und gleichzeitig wertvolle Daten für das Forschungsprojekt "Bäume im Klimawandel" liefern.
Ein Baum steht jahrein, jahraus stumm an seinem Ort. Er erduldet Stürme und Trockenperioden, leidet vielleicht unter Luftverschmutzung, wird von Tieren als Wohnstätte genutzt – und kann nicht darüber berichten. Das soll nun ein Projekt ändern, das "Spektrum der Wissenschaft" zusammen mit dem Institut für Geografie der Universität Erlangen-Nürnberg durchführt und einer 150 Jahre alten Stieleiche im Botanischen Garten von Erlangen eine Stimme verleiht. Hierfür zeichnen Messgeräte auf, was um den Baum herum und in ihm geschieht. Eine spezielle Software "übersetzt" dann diese Daten in kurze Textbotschaften für das Internet: Sie sollen einen Eindruck davon vermitteln, was das Leben eines Baums alles beeinflusst.
Herzstück des "twitternden Baums" ist die so genannte Black Box – quasi der Flugschreiber der Eiche. Sie fasst die von den verschiedensten Messgeräten aufgezeichneten Umwelteinflüsse und Baumparameter zusammen und übermittelt sie an eine zentrale Rechnereinheit. Die Daten stammen unter anderem von einer Wetterstation, die ebenfalls an der Eiche angebracht wurde. Ein Anemometer misst beispielsweise die Windgeschwindigkeit und -richtung, ein Pluviograf die Menge an Regen, Tau oder Schnee, die im Umfeld des Baums niedergeht. Dazu kommen ein Thermometer für die Lufttemperaturen sowie fotoelektrische Sensoren, die die Sonnenscheindauer und damit auch den Bewölkungsgrad des Himmels über Erlangen aufzeichnen. Diese Geräte wurden mit Hilfe eines Gestänges knapp außerhalb des eigentlichen Kronenraums der Eiche montiert, um die Bedingungen im Freiland abzubilden – so, wie sie ungefiltert auf die äußere Laubschicht treffen.
Auf das Wetter reagiert der Baum durch physiologische Änderungen – die zwei weitere, technisch ausgefeilte Sensoren überwachen. Ein Saftflussmesser registriert kontinuierlich, wie viel Wasser die Eiche im Boden aufnimmt und von seinen Wurzeln aus zu den Blättern transportiert. Dazu wurden zwei dünne Messnadeln übereinander angeordnet durch die Rinde ins Holz der Eiche gestochen. Sie erfassen die Temperaturdifferenzen, die zwischen den Spitzen der beiden Sensoren auftreten. Über diesen Unterschied lässt sich dann mit einer Formel der tatsächliche Wasserfluss berechnen. Wie stark der Baum durch Fotosynthese im Jahresverlauf wächst, nimmt wiederum ein Dendrometer auf: ein Gerät, das den Dickenzuwachs der Eiche aufzeichnet. Es dokumentiert zeitlich hoch aufgelöst die Reaktionen der Pflanzen auf ihre Umwelt und erlaubt die genaue Zuordnung der Wachstumsphasen zu den jeweiligen Umweltfaktoren.
Der ganze Aufwand ist nicht nur eine Spielerei, die Ökologie und neue Medien verknüpft: Er dient auch handfester Wissenschaft. Denn die gesammelten Daten werden vom Institut für Geografie in Erlangen ausgewertet und fließen in verschiedene Forschungsprojekte ein – etwa zum Thema "Stadtklima und Stadtvegetation".
Erlanger Wissenschaftler sind zudem an einem Projekt des bayerischen Forschungsverbunds FORKAST beteiligt, das die Auswirkungen klimatischer Extremereignisse auf Wälder an Trockenstandorten untersucht. Im Fokus stehen vor allem die Zukunftschancen von Eichen und Rotbuchen, die ökologisch wie ökonomisch besonders wertvolle Baumbestände bilden. Die Forscher bearbeiten Fragestellungen wie: Wann und wie wächst eigentlich ein Baum? Wie unterscheidet sich ein Baum in der Stadt von einem im Wald? Leidet er im Sommer unter Dürre und Schadstoffen und stellt gar teilweise sein Wachstum ein? Lassen sich hieraus Schlussfolgerungen ableiten, wie Waldbäume künftig reagieren werden, wenn im Zuge des Klimawandels die Sommer zunehmend heißer und trockener werden und somit immer mehr dem heutigen Stadtklima ähneln?
Um das Bild abzurunden, fließen Umweltdaten zur Feinstaub- und Ozonbelastung von einer Messstation des Bayerischen Landesamts für Umwelt an den Zentralcomputer des Twitterbaums. Der erfasst alle Messungen, wertet sie aus und übersetzt sie in kurze Textbotschaften. Die Eiche teilt dann über ihre Homepage und Twitterseite im Internet mit, dass beispielsweise ein eisiger Wind an ihr zerrt, die Blütezeit bevorsteht oder bodennahes Ozon ihre Blätter reizt und die Fotosynthese beeinträchtigt. Eine Kamera rundet das Angebot ab: So kann jeder Besucher der Website beobachten, wie sich die Eiche im Lauf des Jahres wandelt.
Der ganze Aufwand ist nicht nur eine Spielerei, die Ökologie und neue Medien verknüpft: Er dient auch handfester Wissenschaft. Denn die gesammelten Daten werden vom Institut für Geografie in Erlangen ausgewertet und fließen in verschiedene Forschungsprojekte ein – etwa zum Thema "Stadtklima und Stadtvegetation".
Erlanger Wissenschaftler sind zudem an einem Projekt des bayerischen Forschungsverbunds FORKAST beteiligt, das die Auswirkungen klimatischer Extremereignisse auf Wälder an Trockenstandorten untersucht. Im Fokus stehen vor allem die Zukunftschancen von Eichen und Rotbuchen, die ökologisch wie ökonomisch besonders wertvolle Baumbestände bilden. Die Forscher bearbeiten Fragestellungen wie: Wann und wie wächst eigentlich ein Baum? Wie unterscheidet sich ein Baum in der Stadt von einem im Wald? Leidet er im Sommer unter Dürre und Schadstoffen und stellt gar teilweise sein Wachstum ein? Lassen sich hieraus Schlussfolgerungen ableiten, wie Waldbäume künftig reagieren werden, wenn im Zuge des Klimawandels die Sommer zunehmend heißer und trockener werden und somit immer mehr dem heutigen Stadtklima ähneln?
Vorbild für den Erlanger Baum ist eine Buche in Brüssel, die bereits seit mehr als einem halben Jahr entsprechend ausgerüstet ist und über das Internet mit einer wachsenden Fangemeinde kommuniziert. Sie dient allerdings nicht gleichzeitig der Wissenschaft. Möglicherweise wächst weltweit gesehen bald ein ganzer twitternder Wald, denn in naher Zukunft sollen weitere Bäume ihre Botschaften funken. In New York steht schon einer in den Startlöchern. Passend wäre es – haben doch die Vereinten Nationen für 2011 das Jahr des Waldes ausgerufen.
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