Jungsteinzeit: Die Geschichte vom "homosexuellen Höhlenmenschen"
Die britische Daily Mail nannte ihn "The oldest Gay in Village", während der Berliner Kurier gar vom "Schwötzi" sprach: dem "schwulen Ötzi". Gemeint ist ein Mann, der im 3. Jahrtausend v. Chr. lebte und in der Nähe des heutigen Prag seine letzte Ruhestätte fand – und der nur deshalb in die Zeitung kam, weil er homosexuell war. Angeblich jedenfalls.
Über die Gründe für diesen in der Tat außergewöhnlichen Fund kann Kamila Remišová Věšínová nur spekulieren. "Vielleicht hatte der Verstorbene zu Lebzeiten eine abweichende sexuelle Orientierung", sagte die Leiterin der Grabung. "Vielleicht war er transsexuell oder fühlte sich dem dritten Geschlecht angehörig – also weder als Mann noch als Frau". Věšínová kann sich indes genau so gut vorstellen, dass dieser Mann eine besondere gesellschaftliche Stellung innehatte, zum Beispiel die eines Schamanen. "Oder war er geisteskrank?" fragt sie.
Kurzum: Nichts genaues weiß man nicht. Selbst Věšínová räumt ein, dass bisher nicht einmal gewiss sei, dass es sich tatsächlich um eine männliche Leiche handelt. Die Vermutungen der Forscher beruhen allein auf den Vermessungen der Gebeine. Nur durch eine DNA-Untersuchung könne das Geschlecht eindeutig geklärt werden.
Was am Ende bleibt? Ein Mann (falls er einer war!), der wie eine Frau bestattet wurde – und Schlagzeilen vom ältesten Schwulen der Menschheit. All das nur ärgerliche Belanglosigkeiten, die viel sagen über die Art und Weise der Berichterstattung – jedoch nichts über die wissenschaftliche Erkenntnis.
Joachim Schüring
Der Tote war, wie im neolithischen Kulturkreis der Schnurkeramiker üblich, auf der Seite liegend und mit angezogenen Beinen bestattet worden, sodass er in Richtung Süden blickte. Nun achteten die Angehörigen in jener Zeit jedoch stets darauf, dass die Männer auf ihrer rechten Seite, die Frauen hingegen auf ihrer linken Seite lagen. Und hier ist das Besondere an diesem Fall: Der Tote – offenbar ein Mann – lag auf seiner linken Körperseite. So wie eine Frau.
Zudem fanden die Prager Archäologen Tongefäße, darunter einen eiförmigen Topf, wie sie sonst vor allem in Frauengräbern der Schnurkeramiker zu finden sind. Typisch männliche Beigaben dieser Zeit waren in der Regel Äxte oder Steinkeulen, doch fehlten für Frauengräber charakteristische Gegenstände wie kupferne Ketten, Tierzähne oder Schnecken.
Über die Gründe für diesen in der Tat außergewöhnlichen Fund kann Kamila Remišová Věšínová nur spekulieren. "Vielleicht hatte der Verstorbene zu Lebzeiten eine abweichende sexuelle Orientierung", sagte die Leiterin der Grabung. "Vielleicht war er transsexuell oder fühlte sich dem dritten Geschlecht angehörig – also weder als Mann noch als Frau". Věšínová kann sich indes genau so gut vorstellen, dass dieser Mann eine besondere gesellschaftliche Stellung innehatte, zum Beispiel die eines Schamanen. "Oder war er geisteskrank?" fragt sie.
Kurzum: Nichts genaues weiß man nicht. Selbst Věšínová räumt ein, dass bisher nicht einmal gewiss sei, dass es sich tatsächlich um eine männliche Leiche handelt. Die Vermutungen der Forscher beruhen allein auf den Vermessungen der Gebeine. Nur durch eine DNA-Untersuchung könne das Geschlecht eindeutig geklärt werden.
Was am Ende bleibt? Ein Mann (falls er einer war!), der wie eine Frau bestattet wurde – und Schlagzeilen vom ältesten Schwulen der Menschheit. All das nur ärgerliche Belanglosigkeiten, die viel sagen über die Art und Weise der Berichterstattung – jedoch nichts über die wissenschaftliche Erkenntnis.
Joachim Schüring
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