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News: Diffuse Ergebnisse

Eiskerne sind ideale Klimaarchive, in denen zahlreiche Parameter für Hunderttausende von Jahren buchstäblich eingefroren sind. Doch im polaren Eis gibt es auch Anteile flüssigen Wassers, und viele chemische Zeugen der Vergangenheit sind gerade darin gelöst. Ein folgenschwerer Prozess, denn nun können sie über größere Distanzen diffundieren und die Aufzeichnungen der Klimageschichte verfälschen.
Neben den Sedimentkernen aus den Tiefen der Meere eignen sich arktische und antarktische Eisprofile besonders gut für das Studium vergangener Klimaänderungen. So lassen die Verteilungen der Sauerstoffisotope in den polaren Niederschlägen Rückschlüsse auf die Temperaturen zu, während die Konzentrationen von Schwefelsäure Aufschluss über vulkanische Aktivitäten geben und hohe Ammoniumhydroxid-Gehalte von flächenhaften Waldbränden zeugen.

In Regionen, wo die Eismassen über lange Zeiträume stabil und ortsfest sind, bleiben solche Signale Hunderttausende von Jahren erhalten, und die gute Korrelation der grönländischen und antarktischen Eiskerne spricht zudem für die globale Aussagekraft solcher Ergebnisse. Nichtsdestotrotz scheint es, als müssten die Forscher nun ihre bisherigen Resultate revidieren. Denn eine ganze Reihe der aussagekräftigen Substanzen befinden sich nicht im Eis selber, sondern sind im flüssigen Wasser gelöst, dass sich entlang der Eiskristalle bildet.

Und da sich Konzentrationsunterschiede gelöster Substanzen aufgrund der Brownschen Molekularbewegung auszugleichen versuchen, diffundieren solche Stoffe von Bereichen hoher in solche niedriger Konzentrationen. Wenn die Eiskerne also irgendwann in die Kühllabors kommen, finden sich die Signale womöglich in Abschnitten, in denen sie primär gar nicht abgelagert wurden. Hohe Salzgehalte würden dann nicht unbedingt mit hohen Lufttemperaturen einhergehen.

Alan Rempel von der University of Washington und seine Kollegen haben diesen Effekt nun in einem Computermodell nachvollzogen. Der Umfang der Diffusion ist dabei im wesentlichen abhängig vom Anteil flüssigen Wassers im Eisgerüst, der Gestalt der Eismatrix, der Temperatur und dem Konzentrationsgradienten der gelösten Substanz. Unter Berücksichtigung all dieser Faktoren kommen die Forscher zu dem Schluss, dass es in dem 115 000 bis 125 000 Jahre alten Eis des GRIP-Kerns aus Grönland zu Abweichungen von bis zu 50 Zentimetern kommt. 50 Zentimeter, die dem Schneefall von etwa 100 Jahren entsprechen - und der Auflösung, mit der dieser Kern beprobt wurde.

Der Vostok-Kern aus der Antarktis reicht sogar 450 000 Jahre in die Vergangenheit, und da der Anteil flüssigen Wassers aufgrund der Druck- und Temperaturverhältnisse in der Tiefe ansteigt, sind die durch diffusive Vorgänge verursachten Abweichungen hier umso größer. Rempels Kollege John Wettlaufer hofft daher, dass die Klimaforscher ihre umfangreichen Archive daraufhin erneut bearbeiten. Und wenngleich die Auswirkungen der Diffusion in Eisschichten, die jünger sind als 100 000 Jahre, nur gering sind, dürfte dies eine wahre Kärrnerarbeit werden.

  • Quellen
Nature 411: 568–571 (2001)

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