News: Doch kein Ende der Männlichkeit
Ist das Chromosom der Männlichkeit dem Untergang geweiht? Im Gegensatz zu seinem "weiblichen" X-Pendant und den nicht geschlechtsspezifischen Chromosomen begegnet es niemals einem anderen Y-Chromosom und kann daher nicht die Qualität seiner Gene mit Hilfe einer externen Vorlage korrigieren. Doch ein erst jetzt entdeckter Mechanismus sorgt dafür, dass auch die Gene auf dem Y vor dem Verfall sicher sind.
Das Malheur passierte vermutlich vor etwa 300 Millionen Jahren: Beim üblichen Austausch von DNA-Abschnitten zwischen den beiden Exemplaren eines Chromosomenpaares wurde ein großer Block Erbsubstanz gedreht und falsch herum eingebaut. Die Beteiligten an diesem Missgeschick waren das X- und das Y-Chromosom, die einander zuvor noch sehr ähnlich waren. Sie unterschieden sich vor allem darin, dass auf dem Y-Chromosom ein zusätzliches Gen lag, das für die Ausprägung der männlichen Merkmale entscheidend war.
Seit dem Dreher beim DNA-Tausch ging es mit dem Y-Chromosom bergab, denn der verkehrt orientierte Bereich passte nicht mehr zu seinem Gegenstück auf dem X-Chromosom und konnte daher nicht mehr mit dieser Vorlage verglichen werden oder DNA-Stücke mit ihr austauschen. Dieser als Rekombination bezeichnete Vorgang ist jedoch überaus wichtig, um fatale Fehler, die ein Gen funktionsunfähig machen können, zu erkennen und zu beheben. Er findet immer dann statt, wenn der Organismus neue Spermien- oder Eizellen bildet. Dann lagern sich die einander entsprechenden Chromosomen zu Paaren zusammen, wobei sich Teile ihrer Arme überkreuzen. Spezielle Enzyme kappen diese Stücke und koppeln sie an die Schnittstelle des Partners an. Auf diese Weise kann ein Bereich mit fehlerhaften Genen durch eine korrekte DNA-Sequenz ersetzt werden.
Beim heutigen Y-Chromosom gibt es jedoch für 95 Prozent seiner DNA-Sequenz keine entsprechenden Abschnitte auf anderen Chromosomen und damit keinen Partner für die Rekombination. Die Folge ist, dass immer mehr Gene Fehler anhäuften und schließlich ganz ausfielen. Einige Wissenschaftler spekulierten daher bereits, wann das Y-Chromosom wohl vollständig funktionslos sein und verschwinden würde.
Doch ganz so einfach macht die Natur es den Forschern nun doch nicht. Erstaunlicherweise gab es nämlich auch eine Gruppe von überaus wichtigen Genen, die tatsächlich von anderen Chromosomen auf das Y-Chromosom umzog und ihre Aktivitäten fortan von dort ausübte. Im Laufe der Zeit wurde Y so zu einem Spezialisten für die Männlichkeit. Und noch erstaunlicher ist, dass diese Gene offenbar nicht degenerieren, sondern auch ohne Rekombination mit einem anderen Chromosom voll intakt bleiben. Wie ist das möglich?
Eine Gruppe von Biologen um David Page vom Whitehead Institute for Biomedical Research hat eine verblüffende Antwort auf diese Frage gefunden. In einer beispiellosen Fleißarbeit sequenzierte das Team zunächst die gesamte DNA des Y-Chromosoms. Dabei fielen ihnen acht Regionen auf, deren Basenfolge Palindrome bilden, also vorwärts und rückwärts gelesen die gleiche Folge ergeben. In ihnen befinden sich fast alle Gene für die männliche Fruchtbarkeit, häufig in mehrfacher Kopie. Zwischen den einzelnen Kopien eines Gens gibt es merkwürdigerweise nur extrem wenig Unterschiede, so als würden die Sequenzen regelmäßig kontrolliert und abgeglichen. Von schädlichen Fehlern keine Spur.
Des Rätsels Lösung sehen Page und seine Kollegen in der palindromischen Basenfolge. Bildet der DNA-Faden des Y-Chromosoms an diesen Stellen eine Schleife aus, können das vordere und das hintere Ende des Palindroms sich aneinanderlagern, ihre Sequenzen vergleichen und austauschen oder Fehler korrigieren. Statt also eine Rekombination mit dem X-Chromosom durchzuführen, läuft auf dem Y-Chromosom die Rekombination intern ab. Pro Generation werden bis zu 600 Basenpaare auf dem Y mit diesem Mechanismus ausgetauscht, errechneten die Forscher. "Wir haben nun eine Vorstellung davon, wie der Tendenz des Y zur Degeneration begegnet wird", erklärt Page.
Wann genau das Y-Chromosom auf die Idee der Selbstkontrolle gekommen ist, können die Wissenschaftler noch nicht sagen. Mindestens fünf Millionen Jahre muss das zurückliegen, denn auch in den Chromosomen von Schimpansen fanden sie den beschriebenen Mechanismus. "Diese Studie zeigt, dass das Y-Chromosom sehr effektiv dabei ist, seine wichtigen Gene zu schützen", meint Richard Wilson von der Washington University School of Medicine in St. Louis, der an den Experimenten beteiligt war. "Es hat andere Wege gefunden, um das zu tun, was ein Chromosom für seine Evolution tun muss: überleben und gedeihen."
Seit dem Dreher beim DNA-Tausch ging es mit dem Y-Chromosom bergab, denn der verkehrt orientierte Bereich passte nicht mehr zu seinem Gegenstück auf dem X-Chromosom und konnte daher nicht mehr mit dieser Vorlage verglichen werden oder DNA-Stücke mit ihr austauschen. Dieser als Rekombination bezeichnete Vorgang ist jedoch überaus wichtig, um fatale Fehler, die ein Gen funktionsunfähig machen können, zu erkennen und zu beheben. Er findet immer dann statt, wenn der Organismus neue Spermien- oder Eizellen bildet. Dann lagern sich die einander entsprechenden Chromosomen zu Paaren zusammen, wobei sich Teile ihrer Arme überkreuzen. Spezielle Enzyme kappen diese Stücke und koppeln sie an die Schnittstelle des Partners an. Auf diese Weise kann ein Bereich mit fehlerhaften Genen durch eine korrekte DNA-Sequenz ersetzt werden.
Beim heutigen Y-Chromosom gibt es jedoch für 95 Prozent seiner DNA-Sequenz keine entsprechenden Abschnitte auf anderen Chromosomen und damit keinen Partner für die Rekombination. Die Folge ist, dass immer mehr Gene Fehler anhäuften und schließlich ganz ausfielen. Einige Wissenschaftler spekulierten daher bereits, wann das Y-Chromosom wohl vollständig funktionslos sein und verschwinden würde.
Doch ganz so einfach macht die Natur es den Forschern nun doch nicht. Erstaunlicherweise gab es nämlich auch eine Gruppe von überaus wichtigen Genen, die tatsächlich von anderen Chromosomen auf das Y-Chromosom umzog und ihre Aktivitäten fortan von dort ausübte. Im Laufe der Zeit wurde Y so zu einem Spezialisten für die Männlichkeit. Und noch erstaunlicher ist, dass diese Gene offenbar nicht degenerieren, sondern auch ohne Rekombination mit einem anderen Chromosom voll intakt bleiben. Wie ist das möglich?
Eine Gruppe von Biologen um David Page vom Whitehead Institute for Biomedical Research hat eine verblüffende Antwort auf diese Frage gefunden. In einer beispiellosen Fleißarbeit sequenzierte das Team zunächst die gesamte DNA des Y-Chromosoms. Dabei fielen ihnen acht Regionen auf, deren Basenfolge Palindrome bilden, also vorwärts und rückwärts gelesen die gleiche Folge ergeben. In ihnen befinden sich fast alle Gene für die männliche Fruchtbarkeit, häufig in mehrfacher Kopie. Zwischen den einzelnen Kopien eines Gens gibt es merkwürdigerweise nur extrem wenig Unterschiede, so als würden die Sequenzen regelmäßig kontrolliert und abgeglichen. Von schädlichen Fehlern keine Spur.
Des Rätsels Lösung sehen Page und seine Kollegen in der palindromischen Basenfolge. Bildet der DNA-Faden des Y-Chromosoms an diesen Stellen eine Schleife aus, können das vordere und das hintere Ende des Palindroms sich aneinanderlagern, ihre Sequenzen vergleichen und austauschen oder Fehler korrigieren. Statt also eine Rekombination mit dem X-Chromosom durchzuführen, läuft auf dem Y-Chromosom die Rekombination intern ab. Pro Generation werden bis zu 600 Basenpaare auf dem Y mit diesem Mechanismus ausgetauscht, errechneten die Forscher. "Wir haben nun eine Vorstellung davon, wie der Tendenz des Y zur Degeneration begegnet wird", erklärt Page.
Wann genau das Y-Chromosom auf die Idee der Selbstkontrolle gekommen ist, können die Wissenschaftler noch nicht sagen. Mindestens fünf Millionen Jahre muss das zurückliegen, denn auch in den Chromosomen von Schimpansen fanden sie den beschriebenen Mechanismus. "Diese Studie zeigt, dass das Y-Chromosom sehr effektiv dabei ist, seine wichtigen Gene zu schützen", meint Richard Wilson von der Washington University School of Medicine in St. Louis, der an den Experimenten beteiligt war. "Es hat andere Wege gefunden, um das zu tun, was ein Chromosom für seine Evolution tun muss: überleben und gedeihen."
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.