Direkt zum Inhalt

News: Ein kaltes Herz

Der Andromeda-Nebel ist bei Astronomen ein äußerst beliebtes Untersuchungsobjekt, denn hier können sie das Zentrum einer Galaxie recht ungestört betrachten, während ihnen in der Milchstraße Staub den Blick versperrt. Und was sie dort sehen, ist oft überraschend. So hat eine Aufnahme des Röntgenobservatoriums Chandra ergeben, daß es um das Schwarze Loch im Zentrum der Andromeda- Galaxie eigentlich recht frostig zugeht. In der Akkretionsscheibe scheint es Fließmuster zu geben, die nicht mit den bisherigen Modellen überein stimmen.
Nur zwei Millionen Lichtjahre von uns entfernt liegt der Andromeda-Nebel, die nächste große Nachbar-Galaxie der Milchstraße. In klaren Nächten kann man ihn sogar mit dem bloßen Auge als schwaches, unscharfes Klümpchen am Nordhimmel beobachten. Auch Astronomen richten ihren Blick gern dorthin, denn Andromeda ermöglicht ihnen einen tiefen Blick in das Innere einer jungen Spiralgalaxie – in der Milchstraße wird ihnen dieser Blick leider durch Staub versperrt. Der Nebel ist damit nach unserem Sternensystem wohl die am besten untersuchte Galaxie des Weltalls.

Frühere Aufnahmen des Weltraumteleskops Hubble deuten auf ein sehr massereiches Schwarzes Loch im Zentrum von Andromeda hin, das in etwa 30 Millionen mal so schwer wie unsere Sonne sein soll. Schwarze Löcher lassen sich nicht direkt beobachten, sondern sie verraten sich indirekt zum Beispiel durch ihre Wirkung auf die sie umgebende Akkretionsscheibe. Wenn das darin enthaltene Gas und die Materie in den Sog der Schwerkraft des Schwarzen Loches geraten, werden sie beschleunigt. Dabei erhitzen sie sich so stark, daß sie unter anderem Röntgenstrahlung abgeben.

Mit dem Röntgenobservatorium Chandra sind Astronomen ständig auf der Suche nach solchen Röntgenquellen. Am 13. Oktober 1999 betrachtete Chandra auch Andromeda. Auf dem Bild zeigten sich mehr als hundert einzelne Röntgenquellen, wobei es sich nach Meinung von Wissenschaftlern bei den meisten um Doppelsternsysteme handeln dürfte. Doch eine davon saß genau dort, wo auch das Schwarze Loch vermutet wird – ein Hinweis darauf, daß sich im Zentrum von Andromeda tatsächlich eine riesige Massenkonzentration befindet.

Mit der 30 Millionen-fachen Masse der Sonne ist das Schwarze Loch in Andromeda schon ordentlich groß, aber ein Rekordhalter ist es damit noch nicht. Im Zentrum anderer aktiver Galaxien scheinen sich Schwarze Löcher mit mehr als hundert Millionen bis hin zu einer Milliarde Sonnenmassen zu befinden. Das Loch ist aus einem ganz anderen Grund interessant: Es ist zu kalt darum herum. Die Daten von Chandras Spektrometer ergaben in der Akkretionsscheibe eine Temperatur von "nur" einer Million Kelvin. Das klingt viel, aber Röntgenastronomen sind normalerweise mehr gewohnt – bei einer Million Kelvin fängt ihre Meßskala gerade erst an. Die umliegenden Röntgenquellen auf der Aufnahme von Chandra zum Beispiel brüten bei immerhin zehn Millionen Kelvin, dabei bringen sie höchstens einige Zehner an Masse unserer Sonne auf die Waage. Auch hier stammt die Röntgenstrahlung wahrscheinlich von Materie in der Akkretionsscheibe, die um einen Neutronenstern oder ein kleines Schwarzes Loch rotiert. Theoretiker sind davon ausgegangen, daß die Scheibe um das zentrale Schwarze Loch mindestens genauso heiß und energiereich ist wie die ihrer leichtgewichtigen Nachbarn.

"Die Chandra-Beobachtung sagt uns, daß es um das Schwarze Loch in Andromeda ein völlig anderes Fließmuster [geben muß]", meint Eliot Quataert vom Institute for Advanced Study in Princeton, New Jersey. "Dafür brauchen wir eine andere Klasse von Modellen als wir normalerweise berücksichtigen." Eine Möglichkeit wäre, daß das Gas sich heftig bewegt und so die Geschwindigkeit verringert, mit der es in das Schwarze Loch fällt. Aber da müssen die Wissenschaftler erst noch einmal genauer hinschauen.

Siehe auch

  • Quellen
Space Science News

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.