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Sternentod: Ein Planetarischer Nebel mit zwei Weißen Zwergen

Im Zentrum des Planetarischen Nebels Fleming 1 im südlichen Sternbild Zentaur stießen Astronomen um Henri M. J. Boffin von der Europäischen Südsternwarte ESO auf zwei Weiße Zwerge, deren Entwicklungsgeschichte für die bizarre Struktur des Nebels verantwortlich ist. Fleming 1 weist zwei symmetrische Gasstrahlen, so genannte Jets, auf, die sich weit vom Zentrum des Nebels erstrecken.
Farbbild des Planetarischen Nebels Feming 1

Der Planetarische Nebel Fleming 1 im Sternbild Zentaur | Der Planetarische Nebel Fleming 1 befindet sich rund 7800 Lichtjahre von uns entfernt im südlichen Sternbild Zentaur. In seinem Zentrum befindet sich ein enger Doppelstern aus zwei Weißen Zwergen. Die beiden rötlichen Gebilde rechts und links des Nebels sind Gasstrahlen, die von den Zentralsternen ausgesandt wurden. Sie erreichen eine Spannweite von 9,1 Lichtjahren. Das Bild gibt den Nebel annähernd in echten Farben wieder.
Der Planetarische Nebel Fleming 1 ist durch eine sehr komplexe Struktur gekennzeichnet. Er befindet sich im südlichen Sternbild Zentaur und ist 7800 Lichtjahre von uns entfernt. Ein Forscherteam um Henri M. J. Boffin an der Europäischen Südsternwarte ESO hat nun Hinweise darauf gefunden, warum Fleming 1 oder Hen 2-66 so bizarr erscheint. Ein Planetarischer Nebel entsteht, wenn ein Stern zwischen etwas mehr als einer Sonnenmasse und weniger als acht Sonnenmassen dem Ende seiner Entwicklung entgegengeht. Dann bläht er sich zu einem Roten Riesen auf, während in seinem Kern Helium zu schwereren Elementen wie Kohlenstoff verschmilzt. Diese Fusionsreaktionen sind sehr energiereich und der Stern gibt in dieser Phase einen starken Sternwind ab, der sich als Hülle um ihn herum ansammelt. Dabei verliert der Stern den größten Teil seiner Masse. Nach und nach stößt der sterbende Stern seine äußeren Schichten in den Weltraum ab, bis der heiße und kompakte Kern freigelegt wird. In ihm finden keine Fusionsreaktionen mehr statt und er besteht zum größten Teil aus entartetem Kohlenstoff. Der ehemalige Kern ist etwa so groß wie die Erde und kann maximal bis zu 1,4 Sonnenmassen enthalten. Ein solcher Himmelskörper wird als Weißer Zwerg bezeichnet. Er ist extrem heiß, so dass er starke ultraviolette Strahlung abgibt. Die UV-Strahlung regt dann die vorher ausgestoßenen Gasmassen zum Leuchten im sichtbaren Licht und im Infraroten an, ein Planetarischer Nebel leuchet am Himmel auf. Der Name geht auf frühe teleskopische Beobachtungen zurück, bei denen sich die Astronomen an verwaschene Planetenscheibchen erinnert fühlten. Nur selten sind Planetarische Nebel aber nur einfache kugelförmige Gasblasen am Himmel, die meisten von ihnen besitzen komplexe Strukturen.

Im Fall von Fleming 1 gehen vom eigentlichen Nebel zwei symmetrische Strahlen aus, so genannte Jets. Sie bestehen aus heißem Gas und überbrücken von Spitze zu Spitze eine Distanz von 9,1 Lichtjahren. Lange Zeit war unklar, wie solche Jets bei einem Planetarischen Nebel entstehen. Für die Untersuchungen verwendete das Forscherteam um Henri M. J. Boffin das Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte ESO in Chile, um Spektren von Fleming 1 aufzunehmen. Dabei zeigte sich, dass sich im Zentrum des Planetarischen Nebels nicht nur ein einzelner Weißer Zwerg befindet, sondern ein enges Doppelsternsystem, das aus zwei Weißen Zwergen besteht. Sie umrunden ihren gemeinsamen Schwerpunkt in nur 1,2 Tagen (rund 29 Stunden). Schon seit mehr als 30 Jahren vermuten die Astronomen, dass Planetarische Nebel mit komplexen Strukturen einen Doppelstern in ihrem Inneren beherbergen, konnten dies aber nicht schlüssig beweisen.

Die beiden Weißen Zwerge beziehungsweise ihre Vorgängersterne haben die Struktur der sie umgebenden Gashülle entscheidend geprägt. Als sich die beiden Sterne dem Ende ihres Lebens näherten, begann der massereichere von ihnen, sich als erster zu einem Roten Riesen auszudehnen: Je massereicher ein Stern ist, desto kürzer ist seine Lebensdauer.

Schließlich wurde der Rote Riese so groß, dass er sein Roche-Volumen übertraf. Das Roche-Volumen ist jener Raumbereich in einem Doppelsternsystem, in dem die Schwerkraft eines Sterns seine Materie sicher festhalten kann. Überschreitet er dieses Volumen, so strömt seine Materie in den Weltraum ab und kann von einem Partnerstern aufgesammelt werden.

Simulation der Entstehung der Gasstrahlen von Fleming 1 | Während der Entwicklung der beiden sonnenähnlichen Sterne im Zentrum von Fleming 1 zu Weißen Zwergen strömte Materie vom Roten Riesen im Vordergrund auf den Partner im Hintergrund über. Dieser ist bereits ein Weißer Zwerg. Wegen der Erhaltung des Drehimpulses kann die vom Partnerstern abströmende Materie nicht direkt auf den Weißen Zwerg treffen, sondern sammelt sich in einer Akkretionsscheibe um ihn herum an. Von dieser wird ein Teil des Gases in Richtung der beiden Rotationspole weggeblasen. Sie bilden zwei schmale Gasstrahlen, die Jets. Durch die Umlaufbewegung der beiden Sterne umeinander wird die Akkretionsscheibe wie ein Kreisel zu Präzessionsbewegungen angeregt, so dass die beiden Jets nicht in gerader Linie vom Weißen Zwerg wegströmen.
Wegen der Erhaltung des Drehimpulses kann diese Materie aber nicht auf direktem Weg auf den Partnerstern gelangen, sondern sammelt sich in Form einer flachen Akkretionsscheibe um ihn herum an. Von dieser können in Richtung der Rotationspole zwei Gasstrahlen, die Jets, ausgehen. Sie führen einen Teil der überströmenden Materie in den Weltraum ab. Bei Fleming 1 vermutet das Forscherteam, dass die ersten Teile dieser Jets vor rund 16 000 Jahren ausgeworfen wurden, sie bewegen sich mit rund 75 Kilometer pro Sekunde relativ zum Nebel weg. Durch die Umlaufbewegung der beiden Sterne umeinander kam es zu gravitativen Wechselwirkungen mit der Akkretionsscheibe. Dadurch führte sie wie ein Kreisel Präzessionsbewegungen aus, das heißt, die Lage der Rotationspole verschob sich langsam gegenüber den Sternen. Somit breiteten sich die beiden Jets von Fleming 1 nicht in der einer geraden Linie aus, sondern sind symmetrisch zueinander korkenzieherartig gekrümmt.

Die innersten Bereiche der Gasstrahlen nahe am Nebel wurden rund 9000 bis 10 000 Jahre später ausgestoßen. Der helle Nebelkern entstand vor rund 5000 Jahren unter der Annahme einer konstanten Expansionsrate. Anhand der Spektren konnte das Forscherteam um Boffin die Massen der beiden Weißen Zwerge bestimmen. Der masseärmere von ihnen hat 0,56 Sonnenmassen, der massereichere 0,7 Sonnenmassen. Er weist eine Oberflächentemperatur von rund 120 000 Grad Celsius auf und regt mit seiner starken ultravioletten Strahlung den Planetarischen Nebel zum Leuchten an.

  • Quellen
Boffin, H. M. J. et al.: An interacting binary system powers precessing outflows of an evolved star. In: Science 338, S. 773 – 775, 2012

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