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News: Ein schlechter Film

Unter gewissen Umständen rotten sich Bakterien in Biofilmen zusammen. So auch bei der Mukoviszidose, und deshalb können ihnen selbst antibiotische Arzneien nichts mehr anhaben. Die biochemische Definition eines Biofilmes ist genauso schwierig wie bedeutsam. Denn nur bei eindeutiger Identifikation können spezifische Medikamente entwickelt werden.
Die Mukoviszidose, oder cystische Fibrose, gehört zu den häufigsten Erbkrankheiten. Vor allem Lunge und Bauchspeicheldrüse sind davon betroffen. Die Bronchien werden von zähem Schleim belegt, auf dem Kolonien des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa siedeln und Entzündungen auslösen. Die Verschleimung der Bauchspeicheldrüse vermindert zudem die Weiterleitung von Verdauungsenzymen, sodass die Patienten ein Leben lang auf die Enzymsubstitution angewiesen sind.

Die Bakterien in der Lunge Muskoviszidose-Kranker bilden so genannte Biofilme, organisierte Zellverbände, die auf biochemischem Wege kommunizieren und auf diese Weise unter extremen Bedingungen überleben können. In der Natur sind Biofilme weit verbreitet und finden sich in der Umgebung heißer Quellen oder im Grundwasserabstrom von Deponien. Bei Mukoviszidose-Patienten führt die Ausbildung des Biofilms zu einer extremen Resistenz gegenüber antibiotischer Medikamente. Außerdem kommt es zu einer Überreaktion des Immunsystems, wodurch Gewebe und schließlich die ganze Lunge zerstört werden.

Die Kommunikation zwischen den Bakterien erfolgt über spezielle Signal-Moleküle, dem so genannten quorum sensing-System. Ab einer bestimmten Zelldichte aktivieren sie bestimmte Gene, die schließlich zur Bildung des Biofilms führen. Bisher war es allerdings nicht möglich, eindeutige Hinweise auf die Existenz des Biofilms zu finden. Auch wenn die Proben aus den Lungen Muskoviszidose-Kranker genauso aussehen und auch so wirken wie Biofilme, so fehlen analytische Größen zu deren eindeutiger Identifizierung. Diese wären aber überaus nötig, da entsprechende Medikamente eine spezifische Wirksamkeit gegen Biofilme haben müssen. Zu deren Entwicklung müssen die Forscher sicher sein, wirklich einen Biofilm vor sich zu haben.

E. Peter Greenberg vom Department of Microbiology der University of Iowa konnte mit seiner Arbeitsgruppe nun erstmalig nachweisen, dass Pseudomonas aeruginosa jene quorum sensing-Moleküle produziert. Und zwar zwei verschiedene, die sich in ihrer Länge unterscheiden. Greenberg erkannte, dass sich die Verhältnisse von langen zu kurzen Molekülen unterscheiden, je nachdem ob die Bakterien einen Biofilm gebildet hatten oder nicht. Schwammen die Mikroorganismen frei in der Nährlösung, produzierten sie mehr von den langen Molekülen. Im Gegensatz fanden die Forscher in den Proben ihrer Mukoviszidose-Patienten überwiegend kurze Signal-Moleküle. Interessanterweise produzierten diese Bakterien wieder mehr lange Moleküle, wenn sie dem Biofilm entnommen wurden und sich frei in einer Nährlösung entwickeln konnten (Nature vom 12. Oktober 2000).

Gleiches funktionierte auch auf umgekehrtem Wege. Die frei schwebenden Bakterien bildeten im Biofilm erneut kurze Signal-Moleküle. "Dies sind eindeutige Marker für Biofilme", meint Greenberg, "sie erlauben nun eine klare biochemische Definition, ob sich ein Bakterium in einem Biofilm befindet oder nicht." Auf diese Weise sollen einmal gezielt Biofilme produziert werden, um an ihnen die Wirksamkeit von Medikamenten zu testen. Gerade weil der biochemische Nachweis recht einfach ist, eignet er sich hervorragend für industrielle Anwendungen.

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