News: Ein schlechter Film
Die Bakterien in der Lunge Muskoviszidose-Kranker bilden so genannte Biofilme, organisierte Zellverbände, die auf biochemischem Wege kommunizieren und auf diese Weise unter extremen Bedingungen überleben können. In der Natur sind Biofilme weit verbreitet und finden sich in der Umgebung heißer Quellen oder im Grundwasserabstrom von Deponien. Bei Mukoviszidose-Patienten führt die Ausbildung des Biofilms zu einer extremen Resistenz gegenüber antibiotischer Medikamente. Außerdem kommt es zu einer Überreaktion des Immunsystems, wodurch Gewebe und schließlich die ganze Lunge zerstört werden.
Die Kommunikation zwischen den Bakterien erfolgt über spezielle Signal-Moleküle, dem so genannten quorum sensing-System. Ab einer bestimmten Zelldichte aktivieren sie bestimmte Gene, die schließlich zur Bildung des Biofilms führen. Bisher war es allerdings nicht möglich, eindeutige Hinweise auf die Existenz des Biofilms zu finden. Auch wenn die Proben aus den Lungen Muskoviszidose-Kranker genauso aussehen und auch so wirken wie Biofilme, so fehlen analytische Größen zu deren eindeutiger Identifizierung. Diese wären aber überaus nötig, da entsprechende Medikamente eine spezifische Wirksamkeit gegen Biofilme haben müssen. Zu deren Entwicklung müssen die Forscher sicher sein, wirklich einen Biofilm vor sich zu haben.
E. Peter Greenberg vom Department of Microbiology der University of Iowa konnte mit seiner Arbeitsgruppe nun erstmalig nachweisen, dass Pseudomonas aeruginosa jene quorum sensing-Moleküle produziert. Und zwar zwei verschiedene, die sich in ihrer Länge unterscheiden. Greenberg erkannte, dass sich die Verhältnisse von langen zu kurzen Molekülen unterscheiden, je nachdem ob die Bakterien einen Biofilm gebildet hatten oder nicht. Schwammen die Mikroorganismen frei in der Nährlösung, produzierten sie mehr von den langen Molekülen. Im Gegensatz fanden die Forscher in den Proben ihrer Mukoviszidose-Patienten überwiegend kurze Signal-Moleküle. Interessanterweise produzierten diese Bakterien wieder mehr lange Moleküle, wenn sie dem Biofilm entnommen wurden und sich frei in einer Nährlösung entwickeln konnten (Nature vom 12. Oktober 2000).
Gleiches funktionierte auch auf umgekehrtem Wege. Die frei schwebenden Bakterien bildeten im Biofilm erneut kurze Signal-Moleküle. "Dies sind eindeutige Marker für Biofilme", meint Greenberg, "sie erlauben nun eine klare biochemische Definition, ob sich ein Bakterium in einem Biofilm befindet oder nicht." Auf diese Weise sollen einmal gezielt Biofilme produziert werden, um an ihnen die Wirksamkeit von Medikamenten zu testen. Gerade weil der biochemische Nachweis recht einfach ist, eignet er sich hervorragend für industrielle Anwendungen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 23.6.2000
"Der Lieferanteneingang für trojanische Pferde"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 2.6.2000
"Mutation zum Durchatmen"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 14.4.1998
"Laßt uns schleimen" - Spektrum der Wissenschaft 2/96, Seite 30
"Mukoviszidose"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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