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News: Ein Weg aus der Isolation?

Schizophrenie gehört zu den schwersten psychischen Erkrankungen, die wir kennen. Menschen, die daran leiden, werden unter anderem von fremden Stimmen kommandiert, und sie sind durch ihre andere Wahrnehmung und ihr oft merkwürdiges Verhalten meist sehr isoliert. Schon länger wissen Forscher, daß Schizophrene und Menschen, die an einer Sucht leiden, einen Überschuß oder einen Mangel der Neurotransmitter Dopamin und GABA im Gehirn aufweisen. In einer neuen Studie konnten Wissenschaftler nun zeigen, wie deren Rezeptoren ihre Funktionen gegenseitig beeinflussen können, indem sie aneinander binden. Dadurch verändert sich die Fähigkeit der Neuronen, mit Dopamin und anderen Neurochemikalien zu kommunizieren.
Gehirnzellen kommunizieren miteinander über Neurotransmitter. Das sind Chemikalien, die an spezielle Proteine, sogenannte Rezeptoren – von benachbarten Neuronen binden und so ein Signal weitertragen. Zwei wichtige Neurotransmitter im Gehirn sind Dopamin und GABA (gamma-Aminobuttersäure). Sie regulieren einige fundamentale Prozesse wie das Lernen, die Erinnerung, die Gefühle und die Wahrnehmung. Die Rezeptoren, welche auf die beiden Neurochemikalien ansprechen, reagieren entweder ausschließlich mit Dopamin oder nur mit GABA. Allerdings sind zwei Dopamin-Rezeptoren, nämlich der D1- und D5-Rezeptor, sehr ähnlich aufgebaut. Sowohl die Rezeptoren als auch die Neurotransmitter selber stehen in engem Zusammenhang mit Schizophrenie und Sucht-Erkrankungen, denn diese Krankheiten werden entweder durch eine zu hohe oder zu niedrige Dopamin- und GABA-Produktion verursacht und die negativen Symptome bei Schizophrenie werden durch den D1-Rezeptor reguliert.

Hyman Niznik, Fang Liu und ihre Kollegen von der University of Toronto, vom Centre for Addiction and Mental Health und vom Hospital for Sick Children haben nun gezeigt, dass Rezeptoren des D5-Typs die Funktion der GABA-Rezeptoren abändern können, indem sie mit diesen einen Rezeptor-Rezeptor-Komplex bilden, also direkt an sie binden (Nature vom 20. Januar 2000). "GABA-Rezeptoren haben eine ganz andere Struktur als Dopamin-Rezeptoren und wirken praktisch für das ganze Gehirn wie ein Haupt-Schließ-System", sagt Yu Wang ein Mitarbeiter der Studie.

Eine gegenseitige Beeinflussung der Rezeptoren war vorher schon bekannt, doch dass diese direkt miteinander reagieren ist neu. Bisher hatten Forscher angenommen, der Vorgang würde ausschließlich über eine Wechselwirkung mit einigen Proteinen, den sogenannten G-Proteinen, ablaufen. "Wir haben gezeigt, wie diese beiden Rezeptor-Proteine aneinander binden und so ihre Funktionen gegenseitig verändern", sagt Niznik. "Es ist, als wenn man den mittleren Burschen einfach heraustrennt, man braucht das G-Protein überhaupt nicht, damit diese Rezeptoren miteinander 'reden'. Wir denken, dass das ein allgemeingültiges Phänomen ist." Denn Niznik erwartet, noch andere Rezeptor-Paare auf der Oberfläche von Gehirnzellen zu finden, die ebenfalls physikalisch aneinander binden.

Die Forscher hoffen mit Hilfe dieser Erkenntnisse der Frage auf den Grund gehen zu können, warum es verschiedene Rezeptor-Typen, wie D1- und D5-Rezeptoren, gibt, obwohl sie anscheinend die selbe Funktion haben. "Das selbe Protein kann in einem Gehirnteil Zellen 'anknipsen', während es in einem anderen Teil kaum oder gar keinen Einfluss hat. Je nachdem, welcher Rezeptor physikalisch gerade an sie bindet", meint Niznik.

"In unserem nächsten Schritt werden wir zeigen, ob es in Gehirnen von Schizophrenen eine Funktionsstörung bei der Bindung zwischen den Neurotransmitter Rezeptor-Proteinen gibt", sagt Liu.

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