News: Einmal Schmerz - immer Schmerz
Möglicherweise hat das lebenslange Auswirkungen: Durch die frühen Reize könnte sich das Nervensystem dieser Kinder ganz anders entwickeln als bei denen, die nicht zu früh geboren werden. Zumindest legen Versuche mit Ratten, die Maryann Ruda und ihr Team vom National Institute of Dental and Cranofacial Research in Bethesda, Maryland, durchführten, diesen Schluss nahe. Die Wissenschaftler haben neugeborenen Ratten am ersten Tag nach ihrer Geburt – was der 24. Schwangerschaftswoche beim Menschen entspricht – ein Reizmittel in die linke Hinterpfote injiziert. Zum Vergleich haben sie 14 Tage alten Ratten – entsprechend dem menschlichen Jugendalter – die gleiche Substanz verabreicht. Die Symptome waren bei beiden Gruppen die gleichen: Schwellungen und Rötungen, die fünf bis sieben Tage anhielten.
Bei den Tieren, die früh Schmerzen erlitten, fanden die Forscher im Erwachsenenalter eine höhere Dichte an Nervenfasern auf der linken Seite der Flügelplatte. Diese geschichtete Struktur im Rückenmark überträgt Schmerzen an das Gehirn. Sogar einzelne Nervenzellen reagierten stärker auf Schmerz. Ganz anders die Vergleichsgruppe: Sie hatten das gleiche Nervensystem wie Ratten, die gar nicht verletzt wurden (Science vom 28. Juli 2000).
Außerdem empfanden die früh verletzten Ratten Schmerzen offenbar auch als Erwachsene stärker: Injizierten Ruda und ihre Kollegen ein Reizmittel und setzten die Tiere zusätzlich Hitze aus, zogen diese ihre Pfoten schneller weg als normale Ratten. Die Forscher sagen, dass sich durch die Verletzung von Gewebe und Schmerz nicht nur das Rückenmark, sondern auch höhere Zentren im Gehirn verändern. Auch Regionen im Rückenmark, von denen sie es nicht vermutet hätten, zeigten stärkere Schmerzempfindlichkeit auf der direkt nach der Geburt geschädigten Seite. "Zwar müssen wir aus den Ergebnissen der Tierversuche erst noch auf das schließen, was in Kindern abläuft. Aber es ist verlockend zu spekulieren, dass in neugeborenen Menschen ähnliches passiert, wenn sie Schmerzen und Entzündungen ausgesetzt sind", sagt Ruda.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 18.8.1999
"Auch Früh- und Neugeborene brauchen Schmerzmittel"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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